Tagungen zum 100. Todestag von Max Dvořák sowie zum 80. Todestag von Josef Strzygowski


Das Jahr 2021 bietet den Anlass mehrerer unserer Ordinarien zu gedenken: Der 100. Todestag des 1874 im nordböhmischen Raudnitz an der Elbe (Roudnice nad Laben) geborenen und 1921 im südmährischen Grusbach (Hrušovany) verstorbenen Max Dvořák, von dem sich auch Kinderfotos in unserem Archiv erhalten haben (Abbildung), wurde bereits im April in Prag mit einer internationalen Konferenz gewürdigt. Dabei standen vor allem seine methodischen Ansätze und die Leistungen seiner Schüler und Schülerinnen im Vordergrund des Interesses.

Die ebenso bedeutenden Verdienste dieses Kunsthistorikers im Bereich der Denkmalpflege sind hingegen das Thema einer Internetkonferenz, die am 13. Oktober 2021 vom slowakischen Denkmalamt in Bratislava unter der Federführung von Tomáš Kowalski abgehalten wird. Der durch zahlreiche einschlägige Publikationen als Dvořák-Spezialist ausgewiesene Sandro Scarrocchia referiert dabei über die Theorie, während Kollegen aus Kroatien, Ungarn, Tschechien und Polen den Einfluss des Wiener Ordinarius auf die jeweils nationale Denkmalpflege beleuchten. Zwei italienische Referenten widmen sich dem Verhältnis von Dvořák zu seinen italienischen Kollegen bzw. Schülern, welches ab 1918 durch die Forderung Italiens nach Rückstellung italienischer Kunstwerke aus Wiener Museen schwer gelitten hat. Dvořák hat damals gemeinsam mit Hans Tietze die Stellungnahmen der österreichischen Regierung erarbeitet (Abbildung).

Mehrere der Vortragenden von Bratislava waren bereits 2018 bei einer Tagung zum 100-Jahr-Jubiläum der slowakischen Denkmalpflege vertreten. Der Tagungsband wurde inzwischen publiziert und enthält u.a. die Aufsätze von Scarrocchia "The Vienna School of Monument Conservation: Riegl, Dvořák und Tietze" und von Alena Janatková "Der moderne Denkmalcultus und Erinnerungswerte" sowie Beiträge über den Einfluss der Wiener "Central-Kommission" auf die Denkmalpfleg ein den Nachfolgestaaten der Donaumonarchie, z.B. in der Slowakei, in Tschechien, Ungarn, Kroatien sowie in Schlesien und Friaul.
 
Gleichzeitig mit Dvořák war 1909 aus Graz Josef Strzygowski zum Professor an der Wiener Universität berufen worden, was auch die Arbeiterzeitung ihren Lesern berichtete (Abbildung). Das von Beginn an methodisch und menschlich schwierige Verhältnis zwischen den beiden Kunsthistorikern führte bereits 1913 zur organisatorischen und räumlichen Trennung der beiden Lehrstühle in ein Erstes und Zweites Kunsthistorisches Institut der Universität Wien. Der 1862 in Biala in Galizien geborene Strzygowski, dessen Porträtradierung 1929 von seiner zweiten Gattin geschaffen wurde (Abbildung), ist am 2. Jänner 1941 in Wien verstorben. Nicht der 80. Todestag ist allerdings der Anlass für eine Veranstaltung zur Erinnerung an diesen umstrittenen Professor unseres Institutes, sondern die Erwerbung eines weiteren Teilnachlasses für das Institutsarchiv.

Das Archiv besitzt seit langem einen Teilnachlass des Ordinarius, darunter auch Unterlagen zum Buch „Die Baukunst der Armenier und Europa“ (Wien 1918) – damals eine bahnbrechende Arbeit und der Versuch die eurozentrische Kunstgeschichte aufzubrechen. Als 2018 weitere Teile dieses Nachlasses, darunter Fotos und die Originalzeichnungen eines armenischen Architekten, auf den Markt kamen und nach England ausgeführt werden sollten, gelang es durch die finanzielle Unterstützung der „Kunsthistorischen Gesellschaft“ sowie der „Gesellschaft für vergleichende Kunstforschung“ dieses Material für das Institutsarchiv zu erwerben.

Der Quellenwert des angekauften Materials zeigt sich etwa am Beispiel der Erlöserkirche in Ani. Die an der Seidenstraße und heute an der türkisch-armenischen Grenze liegende Geisterstadt war 961 zur Hauptstadt des armenischen Königreiches erhoben worden und stieg so zur „Stadt der 1001 Kirchen“ auf. Nach mehreren Eroberungen und Erdbeben wurde die Stadt seit dem 14. Jahrhundert zu einer Ruinenlandschaft, die bis 1917 zu Russland gehörte. Der Rundbau der nach 1035 errichteten Erlöserkirche (Abbildung) erscheint nach einem Einsturz im Jahre 1957 und einem Erdbeben 1988 heute in einem viel schlechteren Zustand als bei den Bauaufnahmen durch das Wiener Institut im Jahre 1913.

Im Rahmen eines Seminars sowie einer Internetausstellung „Das Erbe von Byzanz – eine fotografische Dokumentation“ von Univ.-Ass. Dr. Fani Gargova wurde im Wintersemester 2020/21 Strzygowskis Nachlass in der Fotosammlung des Instituts aufgearbeitet.

Zur größeren Bekanntmachung der inzwischen auch für die UNIDAM-Datenbank digitalisierten Unterlagen wird am 22. Oktober am Institut für Kunstgeschichte ein kleines Symposion abgehalten werden. Geplant sind sechs Kurzreferate und ein ZOOM-Vortrag der armenisch-amerikanischen Spezialistin für armenische Architektur und deren Erforschung durch den Wiener Ordinarius.

Dann wird eine Ausstellung in der Aula mit originalen Dokumenten, Fotos und Architekturzeichnungen eröffnet werden. Ein Buffet mit armenischen Köstlichkeiten und orientalische Musik bieten dazu den sinnlichen Kontext.

Friedrich Polleroß           Fotos: Institut für Kunstgeschichte, Wikipedia