Der Schlagschatten in der Malerei des 14. und frühen 15. Jahrhunderts. Zur Funktion und Genese eines Bildelements

 

Uni:docs-Förderprogramm der Universität Wien
Laufzeit: 1. 10. 2016 - 30. 9. 2019

Stipendiat: Ing. Gerd Mathias Micheluzzi, BA MA
Betreuer: O. Univ.-Prof. Dr. Michael Viktor Schwarz


Der Schlagschatten - jener Schatten, den ein opakes Objekt auf eine von ihm unabhängige Projektionsfläche wirft - gilt spätestens seit dem Ende des 19. Jahrhunderts als konstitutives Element mimetischer Bildauffassungen und dementsprechend als spezifisches Charakteristikum der frühneuzeitlichen Malerei. Neuste Forschungen gehen davon aus, dass die Voraussetzung einer bildeffektiven Beleuchtung, die Einführung der Zentralperspektive sowie ikonographische Erfordernisse zur nachantiken Wiederkehr des Schlagschattens führten. Diese Leistung wird traditionell mit der Florentiner Cappella Brancacci (ca. 1424-27) verbunden - insbesondere mit Masaccios sogenannter Schattenheilung Petri. Das Mittelalter wurde hingegen als weitestgehend schattenlos beschrieben, was dazu führte, dass die Werke Masaccios und Masolinos häufig im Sinne einer creatio ex nihilo präsentiert werden.

Obwohl diverse Kunsthistoriker seit der Mitte des 20. Jahrhunderts wiederholt auf trecenteske Schlagschattendarstellungen verwiesen, bezeichnet man diese bis heute als bloße Ausnahmeerscheinungen, zweifelt an deren Authentizität oder ignoriert deren Existenz. Die einseitige Annahme einer mimetischen Grundintention sowie der Widerspruch mit der gängigen Dualismus-These mögen hierfür auschlaggebend sein. Kenntnisse über den Schlagschatten als Teil des Bildorganismus sind folglich nur begrenzt.

Durch die Verschiebung des Fokus auf formale und funktionale Charakteristika des Schlagschattens wird es mit dem Dissertationsprojekt nunmehr möglich sein, eine bisher kaum beachtete Bildtradition zu untersuchen, die den Künstlern der Frührenaissance als Ausgangspunkt für die konsequente und durchgängige Darstellung des Schlagschattens diente. Jeweils ergänzt um literarische Quellen zu Wissen und Metaphorik, wird anhand mehrerer Fallstudien zu frühchristlichen Mosaiken sowie zur spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Malerei gezeigt werden, dass die Mimesis nicht den Höhepunkt einer teleologischen Entwicklung markiert, sondern eine von mehreren möglichen Spielarten dessen ist, was der Schlagschatten im Bild zu leisten vermag.