Akademische Publikationen aus dem Institut für Kunstgeschichte

Im akademischen Bereich war es ein alter Brauch und ist auch heute noch teilweise üblich, verdienten Forscher*innen eine Festschrift zu einem runden Geburtstag bzw. zur Emeritierung zu überreichen, oder solchen Persönlichkeiten nach ihrem Tode einen akademischen Blumenstrauss in Form von Aufsätzen zu widmen. Diese Tradition wurde im vergangenen Jahr auch an unserem Institut fortgesetzt.
Dekan Sebastian Schütze konnte 2021 seinen 60. Geburtstag feiern und aus diesem Anlass wurde ihm am 22. Oktober eine schwergewichtige Festschrift mit dem Titel „Close Reading. Kunsthistorische Interpretationen vom Mittelalter bis in die Moderne“ überreicht, die von Stefan Albl, Berthold Hub und Anna Frasca-Rath herausgegeben wurde. Die in vier Sprachen verfassten Beiträge reichen vom Mittelalter über Dürers Rosenkranzbild (Nicole Riegel), Grünewald (Artur Rosenauer), Raffael (Sylvia Ferino-Pagden), Peruzzi (Ulrich Pfisterer) und Savoldo (Bernard Aikema) sowie den „Monogrammisten GZ“ (Christoph Metzger) bis zur Kunsttheorie des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts (Werner Oechslin), der Gartenkunst (Iris Lauterbach), den Nazarenern (Michael Thimann), der Liechtenstensteinsammlung um 1900 (Carina Weißmann) und dem steirischen Maler Julius Schmidt (Wolfgang Prohaska) sowie zu Kokoschkas Bildnis von Alfred Adler (Tobias Natter). Der Schwerpunkt liegt jedoch in der Barockzeit: Karl Schütz berichtet von der Allegorie auf die Schlacht von Sissek von Hans von Aachen in der Harrachschen Gemäldegalerie. Cecilia Mazzetti di Pietralata stellt das Bild der Sintflut aus der Sammlung Savelli vor, Fritz Fischer schreibt den im 17. Jh. als Werk Dürers geltendes Kruzifix der Wiener Schatzkammer Leonhard Kern zu. Maria Antonietta Terzoli identifiziert ein Perseus-und Andromeda- Gemälde nach Tizian als Deckenbild aus dem Oberen Belvedere, Stephanie Sailer analysiert drei Geschenkzeichnungen von Rembrandt und Stefan Albl holt den wenig bekannten Pietro Paolini vor den Vorhang. Der ehemalige Assistent Matthias Bodenstein bearbeitet Zeichnungen des Inneren von St. Peter und Joseph Connors untersucht Borrominis Grabmal Alexanders III. im Lateran. Ingo Herklotz vergleicht Poussins Firmsakrament mit anderen Darstellungen dieser Thematik. Gernot Mayer hat ein Gemälde von Filippo Lauri in Wiener Privatbesitz aus der Sammlung Barberini entdeckt, Silvia Tammaro spürt der Beziehung zwischen Porträt und Poetik bei Emanuel Tesauro nach und Richard Bösel informiert über Ovalbauten um 1700. Jens Niebaum bearbeitet erstmals das Palais Althan in der Rossau und Herbert Karner äußert sich zur Wiener Karlskirche. Werner Telesko folgt dem Stern des Heiligen Johannes von Nepomuk und Berthold Hub dem kunsthistorischen Auge von Professor Schütze im Rahmen der Spanienexkursion in Toledo.
Zum Gedenken an den 2014 verstorbenen Professor für Byzantinische Kunstgeschichte Helmut Buschhausen erschien 2021 eine von der Witwe Heide Buschhausen und der Schülerin Jadranka Prolović unter dem Titel „Erforschen – Erkennen – Weitergeben“ . herausgegebene Publikation. 1976 zum a. o. Professor ernannt und sowohl dem Institut für Kunstgeschichte als auch dem Institut für Byzantinistik und Neogräzistik zugeordnet, widmete sich Prof. Buschhausen vorwiegend der Kunst des Mittelalters, Armeniens und der Zeit des frühen Christentums mit dem Schwerpunkt auf Buchmalerei, Emailarbeiten und Fresken. Die Gedenkschrift spiegelt diesen Bereich wieder. Neben den Wiener Byzantinisten Johannes Koder, Kurt Smolak und Ioannis K. Grossmann sowie den Institutslehrenden Mario Schwarz und Jadranka Prolović sind Autor*innen aus zahlreichen Ländern vertreten, darunter aus Griechenland (Sophia Kalopissi-Verti, Jenny Albani und Georgios Chr. Tsigaras) und Serbien (Dargon Vojvodic, Miodrag Markovic), aber auch Sonia Mucznik (Tel Aviv), Dickran Kouymjian (USA), Boghos Levon Zekiyan, der armenisch-katholische Erzbischof von Istanbul, Elene Machavariani (Georgien) und Levon Chookaszian (Armenien). Der auch als E-publication erhältliche Band enthält außerdem eine Würdigung und das Schriftenverzeichnis von Helmut Buschhausen.
Ebenfalls im vergangenen Jahr sind zwei Wiener Dissertationen gedruckt worden. Die Arbeit von Stefan Albl über Pietro Testa, die schon 2015 mit gleich zwei Dissertationspreisen ausgezeichnet wurde, ist nun im Böhlauverlag als dritter Band in der Dissertationsreihe von Prof. Schütze „Hermathena“ erschienen. Das Buch widmet sich den bisher von der Forschung vernachlässigten Gemälden von Pietro Testa, der zwischen 1628 und 1650 in Rom sowie Lucca tätig war. Die Gemälde werden dabei in Beziehung zu seinen Zeichnungen und Radierungen, seiner Kunsttheorie und seinem sozialen Umfeld gesetzt. Letzteres umfasst ebenso Auftraggeber wie Cassiano dal Pozzo, Vincenzo Giustiniani und Girolamo Buonvisi als auch Kollegen bzw. Konkurrenten wie Pietro da Cortona, Domenichino, Nicolas Poussin und Pierfrancesco Mola. Die im Werkkatalog enthaltenen Informationen zu Literatur, Provenienz, Stil, Ikonographie und Datierung der Gemälde, basieren auf langjährigen Forschungen in europäischen und amerikanischen Archiven und Sammlungen. Der Katalog konnte von den bisher bekannten 17 Werken auf 32 Gemälde ausgeweitet werden.
Einem der spätbarocken Auftraggeber bzw. Kunstsammler, nämlich Staatskanzler Wenzel Anton von Kaunitz-Rietberg (1711–1794), war die Dissertation von Gernot Mayer - inzwischen Assistent an der Universität in Bonn - bei Prof. Schemper gewidmet, die nun als Band 13 der Stendaler Winckelmann-Forschungen im Imhof-Verlag erschienen ist. Der Berater der Kaiserin Maria Theresia zählt zu den bedeutendsten Politikern des 18. Jahrhunderts. Im Rahmen dieser Studie wird erstmals sein kulturpolitisches Wirken systematisch untersucht: Sein Engagement im Theaterwesen, sein Einfluss auf das Baugeschehen und die Künstlerausbildung sowie seine Bedeutung für die Etablierung der Institution Museum und das Fach Kunstgeschichte. Kaunitz‘ Agieren wird hierbei im europäischen Kontext verortet und als Fallbeispiel einer Kulturpolitik der Aufklärung analysiert.
Die schon in der zweiten Auflage erschienene und aus der Dissertation von Huberta Weigl hervorgegangene zweibändige Monografie des Barockbaumeisters Jakob Prandtauer wurde 2021 mit dem Niederösterreichischen Wissenschaftspreis ausgezeichnet.
Friedrich Polleroß   Fotos: René Steyer