Zwischen Schein und Sein.

Neuerscheinungen unserer DozentInnen

Gleich auf zwei Neuerscheinungen aus den Reihen unseres Lehrkörpers kann diesmal hingewiesen werden. Unter dem Titel „Das Sichtbare und das Unsichtbare“ legte Univ.-Doz. Dr. Daniela Hammer-Tugenhat das Ergebnis ihrer jahrelangen Forschungen zur holländischen Malerei des 17. Jahrhunderts vor. Die Tochter der in der Kunstgeschichte durch die Villa von Ludwig Mies van der Rohe berühmten Familie Tugendhat schloss ihr Studium an unserem Institut 1975 bei Univ.-Prof. Dr. Otto Pächt mit einer Dissertation über Hieronymus Bosch ab. 1993 habilitierte sie sich an der Universität Oldenburg mit „Studien der Geschlechterbeziehung in der Kunst“.

Und zwischen diesen beiden methodischen Polen – sozusagen mit der Gender-Brille über dem kunsthistorischen Auge – entwickelte sie ihre Forschungen der letzten Jahre und auch im vorliegenden Buch, das der als besonders mimetisch geltenden Malerei der nördlichen Niederlande gewidmet ist. Das Oszillieren zwischen der bewussten Darstellung von Ideen und Idealen sowie der Darstellung von Unsichtbarem bzw. Unbewusstem wird in mehreren Kapiteln abgehandelt. Die Geschlechterkonstruktion wird u. a. anhand der Werke von Rembrandt, Vermeer und Frans van Mieris analysiert. Ikonographisch reicht der Bogen von den Aktdarstellungen der biblischen und mythologischen Historien wie Susanna im Bade und Danaë über Genreszenen von Frauen mit einem Spiegel, Liebesbrief oder Kavalier bis hin zum (erstaunlicherweise nur männlichen) Gruppenporträt und zu Samuel van Hoogstratens „Pantoffeln“, die die Frage nach der Rolle ihrer aus dem Bild verschwundenen Trägerin aufwerfen. Der schön gestaltete Band hat 339 Seiten mit zahlreichen Farbabbildungen und kostet 44 Euro.

Um Ideal und Wirklichkeit geht es auch in dem zweiten anzuzeigenden Buch „Die Wiener Hofburg und der Residenzbau in Mitteleuropa im 19. Jahrhundert“, nämlich um das Wechselspiel zwischen machtpolitischer Repräsentation und architektonischer Funktion der europäischen Residenzbauten des 19. Jahrhunderts. Die geplanten und realisierten Erweiterungen der Wiener Hofburg unter Kaiser Franz Joseph I. sind europaweit das letzte Experimentierfeld höfischen Bauens und daher widmete sich eine 2007 abgehaltene Tagung des „Hofburgprojektes“ der Kommission für Kunstgeschichte der Österreichischen Akademie der Wissenschaften auch übergreifenden Themen.

Das zentrale Anliegen des vorliegenden Bandes ist der Vergleich der Wiener Hofburg zwischen 1835 (Regierungsantritt Kaiser Ferdinands I.) und dem Ende der Monarchie mit der internationalen Entwicklung der zeitgleichen Residenzbauten. Dazu gehören Aspekte der Funktionsgeschichte ebenso wie die formale Erscheinung der Palastkomplexe. Dem zeitweise parallel sowie unter günstigeren Voraussetzungen vonstatten gehenden Burgbau in Buda und den Planungen für den Prager Hradschin sowie der Situation in Berlin und Dresden wird dabei besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Der Überblick von Wolfgang Sonne bezieht aber auch das Capitol in Washington und die Residenz des Vizekönigs in New Dehli mit ein. Herausgegeben wurde der Band von zwei Lehrenden bzw. drei Absolventen unseres Institutes: Dr. Richard Kurdiovsky, Doz. Dr. Werner Telesko und Dr. Andreas Nierhaus, früher Assistent sowie Lektor an unserem Institutes und jetzt Kurator der Architektursammlung des Wien Museums. Das Buch umfasst 394 Seiten mit 115 SW-Abbildungen und kostet 39 Euro.
Beide Publikationen sind über den Böhlau-Verlag oder im guten Buchhandel erhältlich.

Friedrich Polleroß
Fotos: Friedrich Polleroß/ UNIDAM