Neue Bücher unserer InstitutsmitarbeiterInnen im Studienjahr 2018/19

Unsere Professoren und Professorinen sowie Assistenten und Assistentinnen sind bestrebt, neben ihrer Lehrverpflichtung und den vielfältigen Verwaltungsaufgaben auch neue Beiträge zur Wissenschaft in Form von Büchern beizusteuern, die der kunsthistorischen Leserschaft hiermit bekannt gemacht werden sollen.

Tasso und die bildenden Künste
Als Produkt der im November 2016 an unserem Institut und im italienischen Kulturinstitut abgehaltenen zweisprachigen und interdisziplinären Tagung „Tasso und die Bildenden Künste. Dialoge – Spiegelungen – Transformationen“ erschien 2018 der gleichnamige Tagungsband. Es handelt sich um den zweiten Band der von Sebastian Schütze und der Basler Literaturwissenschaftlerin Maria Antonietta Terzoli herausgegebenen Reihe „Refigurationen“, deren erster Band Dante gewidmet wurde. Mit „Gerusalemme Liberata" erneuerte Torquato Tasso das antike Heldenepos. Schon zu Lebzeiten setzte eine intensive bildkünstlerische Auseinandersetzung mit dem Werk ein: sowohl die militärischen Ereignisse des Kreuzzuges als auch die tragischen Liebesgeschichten bewegten Künstler und Publikum. Zugleich wurden Tassos „Discorsi dell’arte poetica" zur Folie für Theorie und Praxis des Historienbildes. Um 1800 trat schließlich die Person des Dichters in den Vordergrund als Modell für den in und an der Welt leidenden modernen Künstler.
Der Dante- und Tasso-Spezialist Achim Aurnhammer aus Freiburg stellt die Porträts des Dichters vor und unterscheidet dabei drei Kategorien: Bildnisse zu Lebezeiten vom selbstbewussten Hofdichter bis zum melancholischen Gefangenen der Irrenanstalt; eine Mischung beider Variantenin den druckgraphischen Bildnissen und die romantischen Darstellungen des 19. Jahrhunderts, bei denen die Tragik des Künstlerlebens im Vordergrund stand. Neben den schon genannten Hauptwerken werden im vorliegenden Band aber auch das Hirtenspiel „Aminta“ sowie die „Rime“, deren ikonographische Quellen (Maria Antonietta Terzoli) und mimetische bzw. bildhafte Qualitäten (Gerhard Regn) sowie deren graphische Illustrationen und Vorbildfunktion für die Historienmalerei (Massimiliano Rosso) analysiert. Einige Werkgruppen bzw. Künstler werden ausführlicher gewürdigt: Francesco Ferretti stellt die Zeichnungen von Domenico Mona zum „Goffredo“ aus der Zeit um 1575-80 vor und der Würzburger Ordinarius Eckhard Leuschner die Radierungen von Antonio Tempesta zur „Gerusalemme liberata“ zwischen 1607 und 1627. Stefan Albl, nach mehrjährigem Aufenthalt in Rom und Washington, ab September 2019 wieder Assistent am Wiener Institut, untersuchte das Thema „Herminia bei den Hirten“ in der italienischen Malerei des 17. Jahrhunderts von Ludovico Carracci bis Filippo Lauri, während Jonathan Unglaub der Darstellung von Rinaldo und Armida bei Nicolas Poussin sowie Anton van Dyck nachspürt. Sebastian Schütze stellt hingegen einen wenig bekannten Zyklus von zehn Monumentalgemälden zur „Gerusalemme“ von Paolo Domenico Finoglio in Conversano in Süditalien vor. Der 434 Seiten starke Band mit 31 Farbabbildungen umfasst außerdem ein Register für die Bezugsstellen in den Werken Tassos und ist auch im Internet zugänglich.

Travelling Objects
Doch nicht nur Helden und ihre Geschichten konnten von einem Land in ein anderes reisen, auch Kunstwerke. Dies war das Thema der Tagung „Travelling Objects. Botschafter des Kulturtransfers zwischen Italien und dem Habsburgerreich“, die im Mai 2016 am Österreichischen Historischen Institut in Rom abgehalten wurde. Im Herbst 2018 erschien der von Gernot Mayer und Silvia Tammaro herausgegebene Sammelband in der neuen Schriftenreihe des ÖHI im Böhlau-Verlag.
Christoph Orth schildert die Reise des Kunstagenten Hainhofer-1628 an den Tiroler Hof und die Kunstkennerschaft der Erzherzogin Claudia de‘ Medici. Roberta Piccinelli hat den Briefwechsel zwischen Kaiserin Eleonora Gonzaga und ihren Verwandten in Mantua auf die Kunst hin befragt und ist dabei fündig geworden. Gudrun Swoboda konnte die schon mehrfach diskutierte Rolle der Gemälde „Zerstörung des Tempels in Jerusalem“ von Poussin als diplomatische Geschenke an Kaiser Ferdinand III. und Ludwig XIII. von Frankreich mit neuen Quellen und kunsthistorischen Bemerkungen ergänzen. Gernot Mayer hat am Beispiel des Franz Karl von Kaunitz, des Sohnes des Reichsvizekanzlers, die Frage gestellt, ob bei den Gemäldegeschenken des Fürsten Odescalchi an die kaiserlichen Minister Kunstliebhaberei oder Korruption im Vordergrund stand. Silvia Tammaro konnte trotz der schlechten Quellenlage neue Archivalien zu den Kunstankäufen und Kunstagenten des Prinzen Eugen in Italien finden. Laura Facchin berichtet über das Inventar bzw. die Inventare der drei Wiener Häuser (eines davon das heutige Uhrenmuseum, ein anderes das Gartenapalais im Meidlinger Bad) sowie des Schlosses Heidenreichstein im Besitz des Ferdinando Obizzi. Kata Meke stellt venezianische Gemälde in Krainer Adelssammlungen vor, während die jetzt als Mitarbeiterin des Sammlungsprojektes von Sebastian Schütze zeitweise in Wien tätige Cecilia Mazetti di Pietralata über die Reisen der kaiserlichen Botschafter aus der Familie Savelli informiert. Es geht einerseits um Korrespondenz und Geschenktausch zwischen Paolo Savelli und dem Madrider Botschafter Khevenhüller sowie Kardinal Dietrichstein, andererseits um die Reisen der Militärarchitekten Ettore Smeraldi und Gebrüder Florani. Die Kunstimporte eines anderen kaiserlichen Botschafters, des Grafen Leopold Joseph von Lamberg, stellt Friedrich Polleroß zusammenfassend und mit einigen Ergänzungen zur Publikation von 2010 vor. Matteo Borchia schreibt über die Kunstangelegenheiten des Kardinals Albani, dessen Nachlass teilweise von Staatskanzler Kaunitz beschlagnahmt wurde und sich daher in Wien erhalten hat. In der politischen Korrespondenz spielten Kunstangelegenheiten eine untergeordnete Rolle, aber es gibt z.B. Informationen über das Batoni-Porträt von Joseph II. mit seinem Bruder. Schon ins 19. Jahrhundert und zur Kunst Canovas führt die Tätigkeit des kaiserlichen Diplomaten Graf Anton von Apponyi. Der ansprechend gestaltete Tagungsband enthält auch acht Farbtafeln.

John Gibson und Antonio Canova
Die Skulptur Canovas und die römische Kunst um 1800 sind auch der Ausgangspunkt der bei Sebastian Schütze abgeschlossenen Dissertation von Anna Frasca-Rath, die ab Oktober an der Universität in Erlangen lehren wird. Die Arbeit erschien unter dem Titel „John Gibson und Antonio Canova. Rezeption, Transfer, Inszenierung“  2018 in der neuen Dissertationsreihe des Böhlau-Verlages „Wiener Studien zur Kunstgeschichte“, ist aber auch im Internet zugänglich.
Das Buch widmet sich dem britischen Bildhauer John Gibson (1790-1866) und seiner Auseinandersetzung mit Antonio Canova (1757-1822). Der nach Rom emigrierte Bildhauer zählte zu den einflussreichsten Künstlern seiner Generation, war Mitglied in elf internationalen Akademien und Begründer der „Roman School of Sculpture“. Zu seinen Auftraggebern zählten Alessandro Torlonia, Graf Erwein von Schönborn sowie Königin Victoria und Prinz Albert. Untersucht werden Gibsons römische Lehrjahre, seine Rolle im künstlerischen Transfer und seine Inszenierungsstrategien als „britischer Phidias“. Die kritische Auswertung des umfassenden Quellenmaterials liefert wichtige Erkenntnisse zu Gibsons Leben und Werk und darüber hinaus neue Einblicke in weitere Themenfelder der Skulptur des 19. Jahrhunderts. Die Wiener Dissertation bildete jedoch nicht nur den Ausgangspunkt für mehrere Aufsätze sowie das hier vorzustellende Buch, sondern auch für eine Ausstellung und eine Datenbank.


Die Sammlung Arnold in Stift Altenburg
Nicht nur eine virtuelle, sondern eine real-sinnliche Sammlung mitteleuropäischer Barockmalerei kann seit dem vergangenen Jahr im Stift Altenburg besichtigt werden: die Sammlung Arnold, die 215 Stück umfassende Sammlung eines Innsbrucker Juristen mit dem Schwerpunkt auf der Tiroler und süddeutschen Barockmalerei.  Darin war auch ein Großteil der Sammlung des Restaurators und Neobarockmalers Wolfram Köberl aufgegangen. Der dazugehörige Katalog von Monika Dachs-Nickel und unserem früheren Studienassistenten und jetzigem Kunstkurator des Stiftes Zwettl Andreas Gamerith ist im Herbst 2018 erschienen. Nach der Schilderung der Entstehung der Sammelleidenschaft von Konrad und Herta Arnold charakterisiert Monika Dachs unter dem Titel „Mit Gespür und Leidenschaft“ den Bestand. Die 80 namentlich bekannten Meister belieferten Orte weit über Tirol, Wien und Schwaben hinaus. Die Autorin macht aber auch auf einige Lücken des Sammlungsbestandes aufmerksam. Andreas Gamerith beschreibt die Altenburger Sammlungstradition, die wie bei vielen anderen Klöstern im 18. Jahrhunderts einsetzte.
Der 420 Seiten starke Band stellt dann die Gemälde in ausführlichen Erläuterungen sowie guten Abbildungen vor. Der Künstlerreigen reicht von Bartolomeo Altomonte bis zu Joseph Anton Zoller. Dazu kommen natürlich auch anonyme Stücke. Die Sammlung bietet mehrere hochrangige Künstler wie Maulbertsch, Platzer, Troger oder Solimena (Werkstatt). Erwähnenswert sind außerdem die einzige von Cosmas Damian Asam erhaltene Ölskizze mit dem seltenen Thema der Johanneskommunion sowie historisch-politisch höchst bedeutende Werke wie Rottmayrs Entwurf für die Salzburger Residenz und Knollers "Hochzeit des Herkules" für den Palazzo Reale in Mailand. Aus der Spätzeit stammt auch der Entwurf der "Aurora" von Januarius Zick für das Stuttgarter Schloss. Von den wenigen namentlich bekannten österreichischen Malerinnen des 18. Jahrhunderts ist die bis dahin kaum beachtete Maria Anna Moser mit mehreren Werken in der Sammlung vertreten.

Friedrich Nietzsche and the Artists of the New Weimar
Ebenfalls als Begleitpublikation bzw. Katalog zu der bis 25 August 2019 an National Gallery of Canada in Ottawa zu sehenden Ausstellung verfasste Ausstellungskurator Sebastian Schütze ein Buch über die utopische Kunstpolitik in Weimar um 1900. In deren Mittelpunkt stand nicht mehr der 1832 verstorbene Weimarer Geheimrat Johann Wolfgang von Goethe, sondern Friedrich Nietzsche als radikaler Prophet der Moderne. Den Ausgangspunkt für die Sonderausstellung bildete die im nordamerikanischen Museum vorhandene Bronzestele, die nach dem Weimarer Marmororginal von Max Klinger geschaffen wurde, welche den Auftakt für den klassischen Heldenkult des 1900 verstorbenen Philosophen schuf. Ausgestellt und analysiert werden sowohl die Schriften von Nitezsche als auch davon inspirierte bzw. für Weimar geschaffene Kunstwerke von Edvard Munch oder Henry van de Velde.

Friedrich Polleroß      Fotos: Friedrich Polleroß, Institut für Kunstgeschichte