Ge(l)ehrte Köpfe. Ikonographie und Stellenwert der Denkmäler im Arkadenhof der Universität Wien
Im Arkadenhof der Universität Wien hat sich eines der größten Ensembles von plastischen Professoren-Porträts erhalten.
Diese Ge(l)ehrten Köpfe präsentieren sich den aktuellen Studierenden und ProfessorInnen als lebensgroße und real erfahrbare Vorbilder.
Der Memorialraum im Zentrum der Universität wurde bereits vom Architekten Heinrich von Ferstel und seinem Berater Rudolf von Eitelberger angestrebt und schließlich ab 1889 im wenige Jahre zuvor eröffneten Hauptgebäude umgesetzt. Neben zeitgenössischen Denkmälern wurden auch Büsten früheren Datums hier neu aufgestellt und das Ensemble durch das gesamte 20. Jahrhundert sukzessive erweitert. So reicht die künstlerische Spanne von der ältesten Büste, die Franz Xaver Messerschmidt im Jahr 1769 von Gerard van Swieten geschaffen hat, über zahlreiche unterschiedliche Denkmalsformen des 19. und 20. Jahrhundert, bis zur letzten individualisierten Büste von Karl Popper von 2002. Mit der jüngsten Intervention, der Granit-Intarsie Der Muse reicht’s, die auf das Fehlen von Wissenschaftlerinnen in diesem Kontext hinweist, wurde der Arkadenhof im Jahr 2009 musealisiert.
Insgesamt lassen sich nicht nur die Spezifika des skulpturalen Gelehrtenbildnisses erfassen, sondern auch deren Veränderungen im Laufe der Jahrzehnte. Hierbei wird der sich wandelnde Stellenwert der Denkmäler mitgedacht: Die Einrichtung der Wiener universitären Ehrenhalle fällt in den späten Historismus und erscheint als logische Konsequenz der „Denkmalflut“ des 19. Jahrhunderts. Weitere Höhepunkte der Ausstattung sind in den 1920er und 1950er Jahren zu konstatieren. Die Musealisierung in der ersten Dekade des 21. Jahrhunderts demonstriert den aktuellen Tiefpunkt in der Wertschätzung des Personendenkmals.
Trotz seiner Bedeutung als Memorialraum und der teilweise hochrangigen künstlerischen Ausstattung wurden bisher weder der universitäre Gedenkort noch einzelne Büsten einer umfassenden kunsthistorischen Untersuchung unterzogen.
Im internationalen Vergleich der Gedenkfunktion von europäischen Ehrenhallen spielt die geplante Ausstattungspraxis eine wichtige Rolle. Während der sogenannte österreichische Heldenberg in Kleinwetzdorf, der Temple of British Worthies und ursprünglich auch die Walhalla ein in sich geschlossenes Ensemble darstellten, waren das Pariser Panthéon, die Aula der Humboldt-Universität zu Berlin sowie die Wiener Universitätsarkaden für eine sukzessive Erweiterung ausgelegt. Dadurch spiegelt sich in der Ausstattung der Wiener Ehrenhalle auch das wechselnde Kräfteverhältnis innerhalb der Universität und der Wissenschaftslandschaft wider. Exemplarisch hierfür kann die Ehrung des Gynäkologen Ignaz Philipp Semmelweis gelten, dessen Erkenntnisse zur Hygiene am Kindbett von den zeitgenössischen Wiener Kollegen nicht anerkannt wurden. Erst 100 Jahre nach seinem Tod wurde ihm ein Denkmal gesetzt. Signifikant ist auch die Tatsache, dass in der Zusammenstellung der über 150 Geehrten keine einzige Wissenschaftlerin aufgenommen wurde.
Das Projekt Ge(l)ehrte Köpfe erforscht die zeitbedingt wandelbare Ausstattungsstrategie dieses Gedenkorts der österreichischen Wissenschaftsgeschichte.
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