Kunsthistorische Osterweiterung. Prof. Peter Haiko im Ruhestand

Gleichzeitig mit der Emeritierung der Professoren Rosenauer und Lorenz Ende September 2008 ging auch a.o. Prof. Dr. Peter Haiko in Pension.

Peter Haiko wurde 1943 in Wien geboren und begann zunächst ein Studium für Bauingenieurswesen an der technischen Universität. Seit 1963 studierte er Kunstgeschichte an unserem Institut. Aufgrund seiner Vorkenntnisse war es naheliegend, dass er schon 1967 Mitarbeiter von Prof. Dr. Renate Wagner-Rieger beim Forschungsprojekt „Die Wiener Ringstrasse“ wurde. Diese von der Thyssen-Stiftung finanzierte Unternehmen betrieb nicht nur als eines der ersten in Europa Grundlagenforschung zur Geschichte der Kunst des Historismus, sondern begründete auch den Ruf unseres Institutes als Zentrum der Architekturforschung des 19. und frühen 20. Jahrhunderts.

1974 schloss Haiko das Studium mit einer Dissertation über „Die Regulierung des Stubenviertels und Erbauung des neuen Kriegsministerialgebäudes ab. Der in diesem Teil der Ringstraße zum Ausdruck kommende künstlerisch-ideologische Gegensatz des imperialen Bauwerkes von Ludwig Baumann mit der gegenüberliegenden Postsparkasse von Otto Wagner sollte auch weiterhin das wissenschaftliche Leben von Prof. Haiko wie ein roter Faden durchziehen und in zwei Publikationen ihren direkten Niederschlag finden: Im Katalog über Wagners „Scheitern der Moderne“ beim Wiener Stadtmuseum (1988) sowie im Beitrag „Der revolutionäre Schock der Moderne und die reaktionäre Antwort“ in der Künstlerhaus-Ausstellung über die Diktaturen (1994). Daneben entstanden immer wieder Arbeiten über Werke und Architekten des Hoch- und Späthistorismus – von den Kruppschen Schulen in Berndorf (1985) über den Bau der Wiener Universität (1986) sowie Friedrich von Schmidt (1991) bis zum Kunsthistorischen Museum (1995).

Die große Liebe von Prof. Haiko galt aber der frühen Moderne sowie ihren Utopien und wurde am Beispiel der Leitfiguren Otto Wagner und Joseph Maria Olbrich (Mitautor der Monographie von 2006) analysiert. Dazu kamen Untersuchungen über entsprechende Bauaufgaben wie Arbeiterwohnhäuser, Nervenheilanstalten und nicht realisierte Bauprojekte.
In Haikos Beitrag im Standardwerk "Architektur im 20. Jahrhundert: Österreich" des Deutschen Architekturmuseums (1995) mündete der – scheinbare? - Gegensatz schließlich in der typisch österreichischen Verbindung von „Traditionalistischer Moderne und undogmatischer Avantgarde“. Zur intensiven Beschäftigung mit der kompromisslosen Moderne konnten sich weder die österreichischen Architekten noch Peter Haiko durchringen.

Mit der Mitarbeit an zahlreichen Ausstellungen -  vor allem des Wien Museums und zuletzt 2008 bei der Portois & Fix-Schau in der Postsparkasse - verließ Prof. Haiko immer wieder den „Elfenbeinturm“ der Wissenschaft. Vorträge u.a. in München, Prag und Krakau führten ihn auch geographische in benachbarte Kunstregionen. Die internationale Reputation manifestierte sich in Gastprofessuren am Bard College in New York (1990), an der Rijksuniversiteit Leiden (1992) sowie an der Universität Jerusalem (1995).

Das mit dem Amerikaaufenthalt geweckte und in Seminaren sowie Vorlesungen gezeigte Interesse an amerikanischer Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts wurde hingegen bald durch die Beschäftigung mit russischer Kunst abgelöst bzw. übertroffen. Nicht zuletzt die Ehe mit einer russischen Kunsthistorikerin öffnete Prof. Haiko in den letzten Jahren diesen Kulturraum sehr intensiv, und durch mehrere Exkursionen – zuletzt im Sommer 2008 - ließ er auch seine Studenten an dieser kunsthistorischen „Osterweiterung“ teilhaben.
Friedrich Polleroß

Fotos: Karl Pani, Martin Engel