Von Brixen nach Bozen. Leo Andergassen neuer Landesdenkmalpfleger von Südtirol

Mit Jahresbeginn wurde unser Absolvent Mag. Dr. Leo Andergassen von Landeshauptmann Luis Durnwalder mit der Leitung der Denkmalpflege in der Autonomen Provinz Bozen-Südtirol betraut. Im Unterschied zu Österreich ist die Denkmalpflege in Italien keine Angelegenheit des Bundesstaates, sondern nur als Abteilung der Landesverwaltung eingerichtet. Eine weitere Besonderheit bildet die Tatsache, dass dem Südtiroler Landeskonservator neben dem Landesamt für Bodendenkmäler auch das Landesarchiv untersteht. Leo Andergassen ist damit wohl der erfolgreichste unter den nicht wenigen Absolventen unseres Institutes aus Südtirol, dessen Studierende ja aufgrund der besonderen zwischenstaatlichen Beziehungen den österreichischen Studenten gleichgestellt sind. Der neue Landeskonservator wurde 1964 in Meran geboren und studierte Kunstgeschichte sowie Germanistik an den Universitäten in Innsbruck und Wien. 1988 beendete er sein Diplomstudium an unserem Institut mit einer Arbeit über "Renaissancealtäre in Südtirol. Studien zum Altarbau zwischen Spätgotik und Barock" bei Univ.-Prof. Dr. Artur Rosenauer. Diese wissenschaftliche Beschäftigung gipfelte 2007 in der über 600 Seiten starken Monographie aller Altäre und Epitaphien der Renaissance in Süd-, Nord- und Osttirol "Renaissancealtäre und Epitaphien in Tirol".

Nach einem Praktikum am Landesdenkmalamt und neben einer vorübergehenden Unterrichtstätigkeit an Mittelschulen war Leo Andergassen ab 1992 mit der Inventarisierung der beweglichen Kunstgüter der Diözese Bozen-Brixen betraut. Diese Grundlagenforschung bildete zweifellos eine nützliche Voraussetzung für das jetzige Amt, führte aber auch zu mehreren Handbüchern über die Kunst in Südtirol: von der Herausgabe der "Baudenkmäler in Südtirol" (1991) über den Reiseführer "Südtirol. Kunst vor Ort" (2002)  bis zur Darstellung der regionalen Kunst im europäischen Kontext unter dem Titel "Kunstraum Südtirol" (2007).

1998 übernahm Leo Andergassen die Leitung des Diözesanmuseums in der Hofburg zu Brixen, eines der wichtigsten Museen des Landes. Trotz der vielen damit verbundenen Verpflichtungen konnte er im Jahre 2002 seine Dissertation "Studien zur Ikonographie des Antonius von Padua in Italien. Einzeldarstellungen, Attribute und Vitenszenen von den Anfängen bis zur Ordensteilung 1517" an unserem Institut bei Prof. Rosenauer und Prof. Dr. P. Gregor M. Lechner abschließen.

Die Ausstellungstätigkeit des Diözesanmuseums verband der Kunsthistoriker jeweils mit der Herausgabe gründlicher wissenschaftlicher Kataloge. Zu nennen sind einerseits monographische Bearbeitungen frömmigkeitsgeschichtlicher bzw. ikonographischer Themen wie "Kunst und Dokumente zur Herz-Jesu-Verehrung" (1996), "Icones Clarae. Kunst aus dem Brixner Klarissenkloster" (1999), "Gold und Silber. Südtiroler Kirchenschätze" (2003) oder "Die Bistumspatrone von Bozen-Brixen in Legende, Kult und Kunst" (2006), andererseits vor allem die Vorstellung wichtiger Südtiroler Künstlerpersönlichkeiten wie "Paul Troger & Brixen" (1998) und "Stephan Kessler (1622-1700). Ein Tiroler Maler der Rubenszeit" (2005). Mit dem bedeutendsten Südtiroler Künstler, Michael Pacher, beschäftigte sich der Kunsthistoriker u.a. im Rahmen der von Prof. Rosenauer 1998 in Neustift kuratierten Ausstellung "Michael Pacher und seine Zeit". Andergassens kuratorisches Engagement kulminierte im Jahre 2000 in der Leitung des Südtiroler Teiles der grenzüberschreitenden Landesausstellung "1500 circa. De ludo globi - Vom Spiel der Welt". Erwähnenswert ist weiters eine Festschrift, sowie ein Tagungsband anlässlich des 100-jährigens Bestehens des Museums, der 2004 unter dem Titel "Am Anfang war das Auge" mit Beiträgen u.a. von Gregor Martin Lechner, Franz Matsche, Elisabeth Leube-Payer und Werner Telesko veröffentlicht wurde.

Friedrich Polleroß