Ausstellungsgestaltung – theoretisch und praktisch

Trotz sinkender Budgets zählt die Präsentation von Sonderausstellungen nach wie vor zu den wichtigsten Aufgaben staatlicher sowie privater Sammlungen, und in den großen Museen wurden dafür in den letzten Jahrzehnten eigene Fachabteilungen eingerichtet. Andere Institutionen wie Kunsthallen, Galerien oder „Landesausstellungen“ sind sogar vorwiegend durch diese temporären Formen in der Öffentlichkeit präsent. Dazu kommen noch die freischaffenden KuratorInnen wie unsere (u.a. im Künstlerhaus tätige) Absolventin Mag. Maria Holter sowie ganze Ausstellungsbüros wie das von unseren Absolventinnen gegründete Unternehmen „Schnittpunkt“ oder die international tätige Museumsberatungsfirma unseres Dozenten Dieter Bogner. Eine entsprechende Fachkenntnis ist daher für viele kunsthistorische Positionen unverzichtbar. Und auch für nicht hauptberuflich als KuratorInnen tätige KunsthistorikerInnen wie zuletzt Dr. Julia Rüdiger und Mag. Heidrun Rosenberg, die für Jubiläumsausstellungen der Universität verantwortlich zeichneten, ist es hilfreich, mit Leihgebern, Restauratoren, Versicherungsmaklern, Ausstellungs- architekten, Grafikern, Museumspädagogen und Werbefachleuten auf Augenhöhe verhandeln zu können. Dass eine zusätzliche kreative Begabung nicht schadet, beweisen etwa die künstlerisch-didaktischen Ausstellungen unseres Dissertanten Andreas Gamerith im Stift Altenburg.

An der Universität Wien gibt es zwar keinen eigenen Studiengang für Museologie bzw. Ausstellungs- management wie es etwa regulär oder im Rahmen von Weiterbildungsveranstaltungen an der École du Louvre sowie den Universitäten Lüneburg, FU Berlin und TU Berlin oder in Form von Sommerkursen angeboten wird. Entsprechende Lehrveranstaltungen manchmal mehr theoretischer und manchmal mehr praktischer Art wurden und werden jedoch an unserem Institut regelmäßig abgehalten. So bot der damalige Direktor der Gemäldegalerie der Akademie der Bildenden Künste Heribert Hutter im Rahmen einer entsprechenden Lehrveranstaltung den Studierenden schon 1980 die Möglichkeit, an seiner Sonderausstellung „Original – Kopie – Paraphrase“ mitzuarbeiten und nicht nur einen Einblick in die damals ja noch bescheideneren Erfordernisse eines solchen Unternehmens zu bekommen, sondern auch selbständig Einträge für den Katalog zu verfassen.

Im vergangenen Studienjahr gab es gleich zwei Lehrveranstaltungen, bei denen sich unsere Studierenden theoretisch und praktisch mit Ausstellungsgestaltung auseinandersetzten konnten. Ao. Univ.-Prof. Dr. Martina Pippal bot im SS 2015 das Seminar „Jedem seine Antike“ mit "kinesthetic learning" (Martina Pippal) und "staging knowledge" (Herbert Lachmayr) an. Im „wirklichen kunsthistorischen Leben" geht es ja nicht mehr darum, informierten KollegInnen ein Referat zu präsentieren und in einer Powerpoint- präsentation die zu behandelnden Werke und Vergleichsbeispiele in unbeschränkter Menge vor Augen zu führen, sondern darum, eine Fragestellung in einem vorgegeben Raum mit wenigen Objekten abzuhandeln. Als virtueller Ausstellungsort diente das Künstlerhaus am Karlsplatz, dessen Direktor Dr. Peter Zawrel die Grundrisse und Wandaufrisse zur Verfügung gestellt hatte. Zunächst war das Nebeneinander der Ausstellungsstücke zu bedenken sowie die Frage zu klären, ob mit Originalen oder mit Reproduktionen operiert werden sollte. Dann ging es um die Gestaltung der Ausstellung und schließlich um die Überlegung, wie in dem projektierten Ausstellungsraum Vermittlungs- arbeit sattfinden könnte. Ziel der Lehrveranstaltung war Folgendes: „Die Studierenden versuchen sich im Bereich der Ausstellungs- und Museumstätigkeit, sie lernen aber zudem sich bei einer wissenschaftlichen Fragestellung auf wenige Objekte zu konzentrieren und deren Relation nicht nur verbal zu definieren, sondern auch eine visuell rezipierbare Lösung für dieren Beziehungen untereinander zu finden. Die Nachbar- schaft von Objekten und deren Präsentation trifft ja schon eine Aussage für sich“. Die TeilnehmerInnen, die im Bereich „Antikenrezeption“ selbstgewählte Schwerpunkte setzen konnten, haben analoge Modelle gebaut, die Mehrheit „ihren“ Raum aber digital mit einem Graphikprogramm (Sketch Up etc.) visualisiert. Die Gestaltungen der Räume schwankten zwischen dem Bespielen von ¬– einem aufklärerischen Ansatz verpflichteten – White Cubes bis zu polyvalenten postmodernen Lösungen. Die schriftlichen Arbeiten konnten in drei Kategorien abgefasst werden: 1. eine Führung durch den jeweiligen Ausstellungsraum, 2. einen Katalog mit Überblicksbeiträgen und Katalognummern oder 3. eine Rezension der Ausstellung. Fußnoten und der übrige „Apparat“ waren zur Qualitätssicherung dabei gefordert. Nicht nur bei der Erstellung der Modelle und der Konzeption der Referate, sondern auch bei der Abfassung der schriftlichen Arbeiten bewiesen zahlreiche Studierende große Souveränität.

Nicht nur eine virtuelle, sondern eine ganz konkrete Ausstellung vorzubereiten, war das Ziel einer interdisziplinären Lehrveranstaltung von Univ.- Prof. Dr. Lioba Theis und Ao. Univ. Prof. Dr. Peter Eigner (Institut für Wirtschafts- und  Sozialgeschichte) im SS 2015, an der Studierende beider Fächer teilnahmen. Die vom 2. bis 9. September im Foyer der Universitäts- bibliothek gezeigte Ausstellung „Universitäten in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft“ beschäftigte sich mit Universitäten als Zentren des Wissens und des intellektuellen Austauschs, aber auch als Orten der politischen Auseinandersetzung.  Weitere Schwerpunkte bilden die Themen „Universität und Stadt“ bzw. „Stadt und Studierende“. Die Studenten früherer Zeiten waren eine kleine, aber besondere und auffällige Sozialgruppe im Stadtgefüge, gegenwärtig wird Wien von rund 190.000 Studierenden bewohnt, die über zehn Prozent der Einwohnerschaft ausmachen. Allein ihre zahlenmäßige Stärke verweist auf ihre Bedeutung für Wien. Insbesondere der 9. Bezirk wird durch eine Vielzahl universitärer Einrichtungen und eine hohe Studierendenzahl charakterisiert. Architekturgeschichtlich und standortpolitisch haben Planungen immer wieder Aufsehen erregt, im Guten wie im Bösen. Der Umbau des alten Allgemeinen Krankenhauses in den AKH-Campus stellte ein gelungenes Beispiel des behutsamen Umgangs mit alter Bausubstanz bei gleichzeitiger Anwendung moderner Architektur dar. Neben der Analyse historischer und  gegenwärtiger  Universitätsstandorte  in Wien wurden auch Vorstellungen zur Zukunft der Universität präsentiert. Ein Workshop zur Ausstellung ist für den 8. und 9. Oktober 2015 geplant.

Friedrich Polleroß
Fotos: Bogner cc, Institut für Kunstgeschichte, Martina Pippal, Friedrich Polleroß, Petra Schönfelder, Martin Steinreiber