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Franz-Stephan-Preis an zwei Kunsthistorikerinnen
Die heuer zum fünften Mal vergebenen Auszeichnungen der Österreichischen Gesellschaft zur Erforschung des 18. Jahrhunderts wurden bereits zum zweiten Mal an Absolventinnen des Instituts für Kunstgeschichte der Universität Wien verliehen und heuer sogar gleich an zwei! Im Jahre 2002 hat die an unserem Institut damals als Assistentin und heute als Lektorin tätige Mag. Dr. Huberta Weigl die Auszeichnung für ihre Dissertation über Jakob Prandtauer bekommen, diesmal wurden die Diplomarbeiten von Petra Kalousek und Marion Romberg ausgezeichnet. Genaugenommen handelt es sich um zwei verschiedene Preise, die von der „OGE 18“ mit Unterstützung des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kunst alle zwei Jahre zur Förderung jüngerer Vertreterinnen und Vertreter geistes- und kulturwissenschaftlicher Studienrichtungen vergeben werden. Der Franz-Stephan-Preis für Geschichte und Kultur der Habsburger Monarchie im 18. Jahrhundert würdigt Verfasserinnen oder Verfasser von Dissertationen oder Habilitationen zur Habsburger Monarchie im 18. Jahrhundert. Der Franz-Stephan-Förderpreis zeichnet exzellente Diplomarbeiten aller geisteswissenschaftlichen Disziplinen aus. Der Preis besteht aus einem Geldbetrag und der Möglichkeit zur Veröffentlichung der ausgezeichneten Arbeit im Jahrbuch bzw. der Schriftenreihe der Gesellschaft.
Die Preise wurden am 20. November 2009 in feierlicher Form im Palais von Franz Stephan von Lothringen in der Wiener Innenstadt überreicht. Der Dekan der Historisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät, Univ.-Prof. Dr. Michael Viktor Schwarz, würdigte einleitend die Auszeichnungen als begrüßenswerte Initiative des Vereines, da Dissertationen und Diplomarbeiten ja einen wesentlichen Grundstock universitärer Forschung bilden. Nach der Präsentation eines Tagungsbandes über den Herrscher, dem der Preis seinen Namen verdankt, zu dem auch unsere Dozenten Prof. Dr. Jörg Garms und Dr. Werner Telesko je einen Beitrag beigesteuert haben, wurden die Preise überreicht.
Petra Kalousek, vielen vielleicht unter ihrem Mädchennamen Peska besser bekannt, wurde 1974 in Wien als Tochter tschechischer Eltern geboren und studierte seit 1997 an unserem Institut. Sie spezialisierte sich auf Barockarchitektur und schloss ihre Diplomarbeit bei Univ.-Prof. Dr. Hellmut Lorenz im Jahre 2007 ab. 2004-2007 arbeitete die Kunsthistorikerin als Studienassistentin von Univ.-Prof. Dr. Robert Stalla am Institut für Kunstgeschichte, Bauforschung und Denkmalpflege der TU Wien, von 2007-2009 als Universitätsassistentin von Prof. Lorenz an unserem Institut. Während dieser Zeit hat sie u. a. die Lernplattform im Rahmen des E-Learning unseres Institutes mitentwickelt. Seit diesem Jahr wirkt Frau Mag. Kalousek am „Hofburg-Projekt“ der Kommission für Kunstgeschichte an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften mit.
Mit ihrer Diplomarbeit war sie – wie sie in ihrer Dankesrede ausführte – die richtige Person zur richtigen Zeit am richtigen Platz. Denn aufgrund der gleichwertigen Vertrautheit mit österreichischen Quellen und tschechischer Literatur konnte sie ihre Abschlussarbeit dem von Ferdinand Bonaventura II. Graf Harrach ab 1766 errichteten Schloss Náměšť na Hané in Nordmähren widmen. Das Bauwerk wurde offensichtlich von einem Wiener Architekten in Kenntnis französischer Tradition konzipiert. Als vermutlicher Entwerfer gilt daher der für den Grafen Harrach tätige Isidore Ganneval (Canevale), dem wir u. a. zwei neben unserem Institut gelegene Bauten verdanken, das Josephinum und den „Narrenturm“. Dr. Christian Benedik von der Architektursammlung der Albertina lobte die Baumonographie als wichtige Bereicherung sowohl der tschechischen als auch der österreichischen Literatur zur Architektur der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts.
Persönlich ebenfalls grenzüberschreitend und fachlich interdisziplinär gestaltete Dipl.-Kffr. MMag. Marion Romberg ihren Studienverlauf. Die 1979 in Deutschland geborene Absolventin einer amerikanischen High School studierte nämlich zunächst Betriebswirtschaft u. a. in England und Australien. Auf diese Weise ökonomisch bestens geschult gelang es Frau Romberg schließlich auch mit einer Diplomarbeit gleich zwei Magistertitel (in Geschichte und Kunstgeschichte) zu bekommen. Ebenso wie ihre Mitpreisträgerin war sie als Tutorin bzw. Projektmitarbeiterin an der "E-Learningstrategie der Historisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät" beteiligt und sie hat gleichfalls ein Faible für die Aktivitäten der Familie Harrach im Gebiet der böhmischen Krone: Von 2007-2009 hat sie beim historischen FWF Projekt über die Tagebücher des Prager Erzbischofs und Kardinals Ernst Albert von Harrach (1598-1667) mitgearbeitet. In ihrer von Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Schmale, dem Obmann der Gesellschaft, betreuten Diplomarbeit widmete sich Marion Romberg dem schon im 17. Jahrhundert sehr beliebten Thema der Personifikationen der vier Erdteile.
Ihr Verzeichnis von 57 Darstellungen dieser Thematik in der österreichischen Monumentalkunst des Barock, d.h. hauptsächlich Fresken in Kirchen, Klöstern und Schlössern, wurde in der Laudatio von Mag. Christoph Gnant als nützlicher Ausgangspunkt für weitere Forschungen gewürdigt. Beide Preisträgerinnen werden in ihren Dissertationen die in den Diplomarbeiten angeschnittenen Themen weiterführen.
Friedrich Polleroß
Fotos: Friedrich Polleroß, Petra Kalousek