Doktoratsstipendien für Kunsthistorikerinnen
Doktoratsstipendien für Kunsthistorikerinnen
Am 9. Juni 2017 wurden von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 99 Dissertationsstipendien vergeben. Davon gingen 33 an die Universität Wien und nicht weniger als drei an unser Institut: Die Dissertantin Kristina Kogler haben wir an dieser Stelle bereits vorgestellt. Ebenso wie drei weitere Mittelalter-DissertantInnen von Prof. Schwarz ist sie auch Mitglied der „Vienna Doctoral Academies“
Das zweite Stipendium ging an Safa Mahmoudian. Die gebürtige Iranerin hat an der Shahid Beheshti University in Tehran ab 2002 den BA in Architektur absolviert und 2012 mit ihrer Arbeit “The Story of Fadan Mādī: Life, Architecture and Urban Spaces Along a Water Channel in Safavid Isfahan” bei Dr. Mehrdad Qayyoomi den MA abgeschlossen. Die Druckfassung dieser Arbeit ist gerade in einem iranischen Verlag erschienen. Thema des Buches sind die sfawidische Landschaftsgestaltung und Architektur des 16. bis 18. Jahrhunderts sowie die Bedeutung der Wasserstraßen für die Raumplanung. Neben dem Studium arbeitete Frau Mahmoudian als Forschungsassistentin bei den Architektur- büros „Pooya Tarh-Ara Company“ und „Zandigan architectural company“ u.a. für den Wettbewerb „Shams Tabrizī’s Tomb“ in Khoy sowie für ein Projekt für die Modernisierung der historischen Freitagsmoschee in Semnan. Später unterrichtete sie an den Architektur- abteilungen der Azad University sowie an der Payam-e Nur University in Sharekord.
2014 wechselte sie nach Wien, wo sie beim FWF-Project “Centre and periphery Islamic architecture in Ottoman Macedonia, 1383-1520” für Architekturzeichnungen zuständig war. Im Studienjahr 2016/17 hatte sie eine Assistentenstelle bei Univ.-Prof. Dr. Markus Ritter am Lehrstuhl für Islamische Kunst inne, und nun kann sich sie ausschließlich ihrer 2015 begonnenen Dissertation widmen. Unter dem Titel „Concepts of royal garden architecture from Mesopotamia to the Indus in the 9th to 13th centuries, based on textual and archaeological evidence (working title)“ geht es um die Anfänge der westasiatischen Gartengestaltung, in der man eine Verbindung der Einflüsse vom Mittelmeer bis Südasien vermutet. Allerdings bestehen in der Forschung zahlreiche Lücken. Weil die Archäologen und die Kunsthistoriker meist entweder die vorislamischen Gärten der Antike oder die erhaltenen persischen Gärten studieren, blieben die chronologisch dazwischen liegenden und für eine tatsächliche oder vermeintliche Kontinuität wesentlichen Schöpfungen des Mittelalters meist unberücksichtigt, da es davon meist nur mehr Beschreibungen gibt. Die Dissertation untersucht daher königliche Gartenanlagen von Mesopotamien bis zum Indus zwischen dem 9. und 13. Jahrhundert, wobei archäologische und schriftliche Quellen einander ergänzen sollen. „This dissertation will be organized in three parts: An introduction will trace the evolution of ideas on an ‘Islamic’, ‘Persian’, or ‘paradise’ garden, which were formulated in Western art historical writing on gardens in the Islamic periods, and were adapted by scholars in Muslim countries. The second part is an empirical study based on textual and archaeological evidence. After introducing different textual sources with a view to genre and context, a catalogue of relevant text passages will be built. These passages will be discussed in order to establish categories of formal and functional elements and a roster of terminology in garden descriptions.“
Ein weiteres Dissertationsstipendium ging an Angelika Marinovic BA MA, die für ihre bei Univ.-Doz. Dr. Achim Gnann geschriebene Masterarbeit „Die Clair-obscur-Holzschnitte des Monogrammisten NDB. Ein Bologneser Formschneider in Fontainebleau“ 2015 mit dem Sir-Ernst-Gombrich-Nachwuchspreis unseres Institutes ausgezeichnet worden ist. Auch Frau Marinovic hat neben dem Studium bereits zahlreiche praktische Erfahrungen gesammelt, u. a. bei der Ausstellung der Albertina über die Sammlung Feldmann. Zuletzt arbeitete sie für die Privatsammlung bzw. Galerie „Baha Fine Art“ mit einem Schwerpunkt auf den Werken von Friedensreich Hundertwasser.
Jetzt kann sie sich in erster Linie mit ihrer Dissertation „Die Kupferstiche Agostino Venezianos. Studien zur italienischen Druckgrafik des frühen Cinquecento beschäftigen“. Kupferstiche waren im frühen 16. Jahrhundert eines der ersten Massenmedien mit künstlerischem Anspruch und Agostino di Musi, genannt Veneziano, hat zwischen 1514 und 1536 in Venedig, Florenz, Rom und anderen italienischen Städten über 200 Kupferstiche nach Vorlagen seiner bedeutendsten Zeitgenossen, darunter Leonardo da Vinci, Raffael und Baccio Bandinelli, gestochen. Agostino Veneziano war außerdem an zahlreichen Neuerungen auf dem Gebiet der Druckgrafik beteiligt. So entstammen seiner Kooperation mit Baccio Bandinelli die möglicherweise ersten Kupferstiche, die in Verbindung mit zeitgenössischer Skulptur stehen, in seiner Spätzeit war der Kupferstecher einer der Pioniere auf dem Gebiet des Porträtstichs. „Die in der Dissertation geplante erstmalige ausführliche Bearbeitung des gesamten Oeuvres von Agostino Veneziano bietet somit eine Möglichkeit, wesentliche Fragen zum Quellenwert, zur Produktion und zur Funktion des Kupferstichs in einem für die Entwicklung der italienischen Druckgrafik ereignisreichen Zeitraum zu diskutieren.“
Friedrich Polleroß Fotos: Privat, UNIDAM