Kunstgeschichte & Zeitgeschichte. Ausstellung in der Institutsaula bis 27.6.2010
Kunstgeschichte & Zeitgeschichte. Ausstellung in der Institutsaula bis 27.6.2010
Im Rahmen der internationalen Zeitgeschichtetage 2010 am Campus initiierte der Tagungspräsident und Vorstand des Instituts für Zeitgeschichte, Univ.-Prof. MMag. DDr. Oliver Rathkolb, auch eine Veranstaltungsserie zur Beziehung von Kunst und Zeitgeschichte. Dies betraf zunächst den historischen Umgang (der Politik) mit Kunst, indem eine von unserem Absolventen Prof. Mag. Dr. Matthias Boeckl (Universität für angewandte Kunst) moderierte Sektion der „Kulturellen Inszenierung von Staatsgewalt“ gewidmet war. Noch interessanter scheint jedoch die Einbeziehung der in den letzten Jahren immer wichtiger gewordenen Auseinandersetzung zeitgenössischer KünstlerInnen mit historischen Themen, sei es in Form von selbständigen Projekten der „Konzeptkunst“ oder in Form beauftragter Denkmäler. Die Kunstsektion bzw. Ausstellung bestand aus zwei Teilen: Im Institut für Zeitgeschichte und davor präsentierten sich das irisch-israelische Aktionskünstlerduo Michael Clegg & Martin Guttmann, die nach dem Studium bei Joseph Kosuth in New York hierzulande etwa durch Interventionen auf dem jüdischen Friedhof in Krems oder im Sigmund-Freud-Museum bekannt wurden. Die ungefähr der gleichen Generation angehörende Marie-Theres Litschauer, verbindet die Fotodokumentationen mit historischen Recherchen etwa zu jüdisch-ungarischen Zwangsarbeitern in Niederösterreich.
Die unter dem Titel „Erinnerung – Gedenken – Universität“ stehende und von Dr. Herbert Posch vom Institut für Zeitgeschichte konzipierte Schau in der Aula unseres Institutes ist hingegen realisierten und nicht realisierten künstlerischen Projekten der letzen 10 Jahre, die sich mit Aspekten der Zeitgeschichte der Universität Wien auseinandersetzen, gewidmet.
Zwei Themen stehen dabei im Vordergrund: Einerseits die Benachteiligung von Frauen in der Wissenschaft, die vor allem durch das Denkmal „Der Muse reicht’s“ von Iris Andraschek im Arkadenhof des Hauptgebäudes der Universität visualisiert worden ist. Schon länger zurück reicht die Auseinandersetzung mit der Zeit des Nationalsozialismus und insbesondere mit der Vertreibung der jüdischen Professoren und Studierenden von der Wiener Universität respektive der Wiener Universitätsklinik. Daran erinnert seit 2005 das DENK-MAL Marpe Lanefesch im ehemaligen jüdischen Bethaus des Allgemeinen Krankenhauses.
Eine ähnliche Aufgabe erfüllt das von Hans Buchwald gestaltete Denkmal vor unserem Institut, das auf die vertriebenen und ermordeten KunsthistorikerInnen aufmerksam machen soll. Wie bei zeitgenössischen Denkmälern kaum mehr anders vorstellbar, sind die beiden traditionellen Mahnmale mit einer wissenschaftlichen Dokumentation über das Schicksal der Betroffenen sowie mit pädagogischen Aktivitäten verbunden. Beide Monumente auf dem Campus werden im Rahmen der Zeitgeschichte-Ausstellung vorgestellt, die noch bis 27. Juni 2010 in der Aula unseres Institutes besichtigt werden kann. Die Eröffnung erfolgte während der Tagung am 27. Mai durch Prof. Dr. Deborah Klimburg-Salter, stv. Leiterin des Instituts für Kunstgeschichte, und Dr. Herbert Posch.
Die Lehre an unserem Institut trägt diesen neueren Entwicklungen schon seit längerem Rechnung. So wurden die beiden materiellen und die gemeinsame virtuelle Ausstellung über die verfolgten KunsthistorikerInnen von Studierenden unter der Leitung von Prof. Dr. Lioba Theis erarbeitet. Ebenfalls in einer Ausstellung kulminierte auch das interdisziplinäre Projekt zum jüdischen Friedhof in Währing, an dem Prof. Dr. Martina Pippal und Dr. Elisabeth Goldarbeiter mit Studierenden unseres Institutes beteiligt waren. In diesem Semester bietet unser Absolvent und früherer Assistent Mag. Dr. Georg Traska eine eigene Übung „Die Praxis der Erinnerungsarbeit“ an. Der freischaffende Kunsthistoriker ist ein ausgewiesener Fachmann für Bau- und Kulturerbe. Er war u.a. am Projekt „Herklotzgasse 21“ über das jüdische Leben im 15. Wiener Gemeindebezirk beteiligt.
Friedrich Polleroß Fotos: René Steyer