Forschendes Lernen.

Buchprojekt mit Studenten am Institut für Kunstgeschichte

Die Buchpräsentation

Am 24. Jänner 2007 wurde am Institut für Kunstgeschichte das Buch "Das barocke Wien. Die Kupferstiche von Joseph Emanuel Fischer von Erlach und Johann Adam Delsenbach (1719)" präsentiert. Unter den überaus zahlreichen Gästen befanden sich auch der Präsident des Bundesdenkmalamtes Dr. Wilhelm G. Rizzi, der Dekan der Philologisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät Univ.-Prof. Dr. Franz Römer, der Direktor des Dommuseums Salzburg Dr. Peter Keller und der frühere Gastprofessor Dr. Jörg Martin Merz, der sogar aus Augsburg angereist war. Dekan Univ.-Prof. Dr. Michael Viktor Schwarz war wegen eines Termins beim neuen Bundesminister verhindert.

Institutsvorständin Univ.-Prof. Dr. Lioba Theis begrüßte die Gäste und dankte Frau Dr. Huberta Weigl für deren langjährige und engagierte Tätigkeit am Institut, die mit Ende Jänner ausläuft, mit einem Blumenstrauß. Verleger Dr. Michael Imhof zog Parallelen zwischen der Herausgabe des Buches im Jahre 1719, das er zur Ansicht mitgebracht hatte, und der Neuerscheinung: auch damals war die Buchproduktion -  wie es im Ansuchen um das Druckprivileg heißt -  "mit schweren Unkosten" verbunden. Die Preise für die Käufer seien hingegen heutzutage um ein Vielfaches günstiger! Dann stellten die Herausgeber ihr Werk vor.
Während Hellmut Lorenz die Entstehungsgeschichte und den Stellenwert skizzierte, wies Huberta Weigl auf das in den Stichen neben der Architektur sichtbare Alltagsleben des barocken Wien hin. Umrahmt wurden die Reden von Wiener Musik aus der Entstehungszeit der Kupferstiche. Hannes und Martha Fromhund (Viola da Gamba, Cembalo) sowie Andreas Gamerith (Gesang) hatten dafür eigens Werke von Kaiser Leopold I. sowie von den Hofkomponisten Antonio Caldara und Johann Joseph Fux einstudiert, die selten zu hören sind.
Wer sich nicht mit den Reproduktionen des Buches zufrieden geben will, findet Originalstiche von Fischer-Delsenbach im Antiquariat Christian M. Nebehay (http://www.nebehay.at/), das die Veranstaltung finanziell unterstützt hat.
Friedrich Polleroß/ Fotos: Karl Pani

Hellmut Lorenz/ Huberta Weigel (Hg.): Das barocke Wien, 2007

Diese Publikation verdient nicht nur wegen ihres Themas, sondern auch wegen ihrer Entstehungsgeschichte Beachtung. Die von Univ.-Prof. Dr. Hellmut Lorenz und Univ.-Ass. MMAg Dr. Huberta Weigl herausgegebene Publikation basiert nämlich auf einem Seminar, das dem Thema "Adelskultur der Barockzeit" gewidmet war. Aus dem Engagement der Teilnehmer entstand schließlich eine längere "Arbeitsgemeinschaft", die sich eine Studie zum Kupferstichwerk von Joseph Emanuel Fischer von Erlach und Johann Adam Delsenbach zum Ziel setzte. Damit sollte ein frühes und bedeutendes, in seiner Gesamtheit aber noch zu wenig beachtetes Dokument zur Geschichte und Architektur der Barockstadt Wien in kommentierter Form einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Der ursprüngliche Plan einer Faksimile-Ausgabe der 30 Stiche in originaler Größe wurde zugunsten eines etwas handlicheren Buchformates aufgegeben; dank der direkt vom Original gescannten Reproduktionen ergibt sich jedoch eine ausgezeichnete Bildqualität.

Die begleitenden Texte bieten eine Würdigung der Kupferstiche zugleich aber auch der dargestellten Bauten, bei denen es sich um bedeutende profane Meisterwerke eines Johann Bernhard Fischer von Erlach oder Johann Lucas von Hildebrandt handelt, darunter das Winterpalais des Prinzen Eugen (heute Finanzministerium) oder das Palais Trautson (heute Justizministerium). Das Buch vermittelt daher eine anschauliche Vorstellung der Barockstadt Wien und ihrer künstlerischen Bedeutung für eine breitere Leserschaft. Vor allem die Platzansichten zeigen auch noch zahlreiche ältere Bauwerke, die erst in den Epochen des Spätbarock und Historismus durch Neubauten ersetzt wurden. Eine Gegenüberstellung der barocken Stiche mit heutigen Fotos erlaubt es, auch diese historische Dimension nachzuvollziehen. Der Einleitungstext stellt den Zeichner sowie den Kupferstecher vor, und würdigt deren Leistung im kulturgeschichtlichen Kontext. Das im deutschen Verlag Michael Imhof erschienene Buch kostet nur Euro 19,95.

HerausgeberInnen und AutorInnen

Hellmut Lorenz war 1985-97 Professor an der Freien Universität in Berlin und ist seither Ordinarius für Kunstgeschichte in Wien sowie Mitglied der Kommission für Kunstgeschichte der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. In dieser Funktion leitet er zur Zeit ein Forschungsprojekt über die Architektur der Wiener Hofburg. Die Forschungsschwerpunkte von Hellmut Lorenz sind Architekturtheorie und Barockarchitektur in Österreich und Mitteleuropa. Zu seinen wichtigsten Publikationen zählen die Monographien der Barockarchitekten Domenico Martinelli (1991) und Johann Bernhard Fischer von Erlach (1992) sowie die Herausgabe des Barockbandes der "Geschichte der bildenden Kunst in Österreich" (1999).

Huberta Weigl hat Betriebswirtschaft an der WU und Kunstgeschichte an den Universitäten Wien sowie Berlin studiert. Von 1997 an war sie Assistentin am Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Barockklöster und Kunstpolitik unter Kaiser Karl VI. Sie publizierte über die Stifte Klosterneuburg sowie Herzogenburg, und ihre mit dem Franz-Stephan-Preis der Österreichischen Gesellschaft des 18. Jahrhunderts ausgezeichnete Dissertation "Jakob Prandtauer (1660-1726). Die Klosterbauten" wird 2011 erscheinen.

An dem Projekt beteiligten sich folgende Studierende, die offensichtlich den beabsichtigten Lernerfolg erzielten und inzwischen großteils in einschlägigen Berufen tätig sind: Roswitha Boller (Kunstauktionen im Kinsky), Elena Holzhausen (Dorotheum), Astrid M. Huber (Bundesdenkmalamt), Kathrin Labuda (Nö. Landesmuseum), Sabine Leitner, Anna Mader (Akademie der Wissenschaften), Inge Nevole, Gerd Pichler (Bundesdenkmalamt), Martin Poszgai (Freie Universität Berlin), Sandra Maria Rust (Kunsthistorisches Museum) und Dagmar Sachsenhofer (Museum für Angewandte Kunst).

Fotos: Institut für Kunstgeschichte/ Karl Pani