Kunsthistorikerin im Generalsrang. Goldenes Doktordiplom für Liselotte Popelka

Am 7. Mai 2007 wurde am Institut für Kunstgeschichte Frau Hofrat Ao. Prof. Dr. Liselotte Popelka das von der Universität Wien 50 Jahre nach der Promotion verliehene Goldene Doktordiplom in feierlicher Form überreicht. Nach der Begrüßung und Überreichung eines Blumenstraußes durch Institutsvorständin Univ.-Prof. Dr. Lioba Theis hielt Ao. Univ.-Prof. Dr. Walter Krause die sehr persönlich gehaltene Laudatio. Das in lateinischer Sprache abgefasste Doktordiplom übergab Dekan Univ.-Prof. Dr. Michael Viktor Schwarz. In ihrer Dankesrede würdigte die Geehrte vor allem die Anregung durch ihren Großvater, den bekannten Historiker Oswald Redlich, sowie die „bildungsbürgerliche“ Ausbildung durch die Lehrer am humanistischen Gymnasium Rahlgasse. Anschließend konnten die anwesenden Studienkollegen und -kolleginnen der Jubilarin, darunter der lange in London als Kunsthändler tätige Dr. Wolfgang Fischer, der ehemalige Professor für Kirchen- und Kunstgeschichte an der Theologischen Fakultät Prof. Dr. Floridus Röhrig sowie die frühere Leiterin des Bildarchivs der Österreichischen Nationalbibliothek Hofrätin Dr. Gerda Mraz, bei einem Glas Sekt gratulieren.
Die gebürtige Wienerin hatte ihr Studium am Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien 1957 mit einer Dissertation über das Thema "Theatrum Castitatis. Susanna Hebraea sive Innocentia liberata. Ein Beitrag zur alttestamentlichen Ikonographie besonders des deutsch-niederländischen Kunstbereiches" abgeschlossen. Parallel dazu absolvierte sie den Kurs am Institut für österreichische Geschichtsforschung und damit waren auch zwei ihrer wesentlichen Forschungsschwerpunkte festgelegt: Ikonographie und Quellenforschung.
1959 wurde Liselotte Popelka Kustodin und Leiterin der Kunstsammlungen am Heeresgeschichtlichen Museum, eine Position, die sie bis zur ihrer Pensionierung 1995 innehatte. Als wirkliche Hofrätin und stellvertretende Direktorin im Verteidigungsministerium erreichte sie damit als vermutlich einzige Kunsthistorikerin Österreichs eine Dienstklasse im Generalsrang! 1986-89 war die Geehrte als Österreichische Kommissarin für die XX. Europarats-Ausstellung "La Révolution Française et l'Europe 1789-1799" in Paris und ab 1989 etliche Jahre als Vorstandsmitglied des Österreichischen Kunsthistorikerverbands tätig.
Seit 1982 wirkte Liselotte Popelka als Lektorin an der Universität Wien besonders für Museumskunde, Ausstellungswesen sowie Quellenkunde und 1991 habilitierte sie sich für das Gesamtfach Kunstgeschichte an der Universität Wien. Bereits 1972 hatte Popelka das Silberne Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich erhalten, 1985 dann das Goldene Ehrenzeichen. 2001 wurde ihr der Berufstitel einer Außerordentlichen Universitätsprofessorin verliehen.
Liselotte Popelkas wissenschaftliches Profil ist durch eine Vorliebe für schwierige, oft fachübergreifende Themenstellungen gekennzeichnet, für die sie ihr umfassendes Hintergrundwissen, ihre stupende Sprachkenntnis und ihre gründliche humanistische Bildung prädestinieren. Aus dem reichhaltigen Œuvre kristallisieren sich mehrere Themenkreise heraus, denen jeweils mehrere Veröffentlichungen gewidmet sind. Die Studien zu Prinz Eugen in seinem Verhältnis zur bildenden Kunst beginnen mit einem Aufsatz im Jahre 1963 und gipfeln im umfang- und inhaltsreichen Ausstellungskatalog "Eugenius in Nummis", 1986. Einen weiteren Schwerpunkt bilden diverse Beiträge zum Phänomen der Kriegsmaler, die besonders in Italien geschätzt wurden (u.a. Vom "Hurra" zum Leichenfeld, 1981; Bildjournalismus und Schlachtenbild im 17. Jahrhundert, 1984; Schlachtenbilder, Bemerkungen zu einer verachteten Bildgattung, 1984; Artisti nella guerra, 1990; Augenzeugen – Leidenszeugen – Vergessene. Österreichische bildende Künstler im Krieg, 1996; Il volto del nemico nell'opera dei pittori di guerra dell'Austria-Ungheria, 1997). Dieses Sujet berühren auch zwei namhafte Beiträge zum Werk von Albin Egger-Lienz. In Spezialkreisen einen Namen machte sich die Kunsthistorikerin außerdem durch ihr Buch „Ein österreichischer Maler segelt um die Welt. Joseph Selleny und seine Aquarelle von der Weltreise der Novara 1857-1859“, 1964.
International am bekanntesten wurde Liselotte Popelka wohl durch ihre Beschäftigung mit dem Phänomen der barocken Trauergerüste. Nach mehreren Aufsätzen widmete sie diesem Thema auch die Habilitationsschrift „Castrum Doloris oder "Trauriger Schauplatz", die 1994 von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften veröffentlicht wurde.

 

 


Friedrich Polleroß