"Von Rittern, Bauprälaten und Schwarzen Witwen". Institutsausflug 2010
"Von Rittern, Bauprälaten und Schwarzen Witwen". Institutsausflug 2010
Der Ausflug der MitarbeiterInnen unseres Institutes am 2. Juli 2010 bot wieder ein abwechslungsreiches Programm. Erste Station war die Altstadt von Krems an der Donau mit der Gozzoburg. Der Gebäudekomplex entstand in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts um eine ältere Stadtburg und war durch spätere Veränderungen kaum mehr erkennbar. Bei den Renovierungen bis 2007 wurde die ursprüngliche Bausubstanz wieder freigelegt und es konnten auch Fresken entdeckt werden, die zu den wertvollsten Profanausstattungen des 13. Jahrhunderts nördlich der Alpen zählen. Der interessanteste Freskenzyklus beginnt mit den vier Weltherrschern und endet mit einer Darstellung des jüngsten Gerichtes. Die dazwischen liegenden Herrschafts- und Kriegsszenen werden hingegen unterschiedlich gedeutet: Gertrud Blaschitz sieht in der Erzählung von Barlaam und Josephat, einer christlichen Version der Lebensgeschichte des indischen Königssohnes Buddha, die literarische Quelle, während Christian Nikolaus Opitz einen Antichrist-Zyklus vermutet. Da der Bauherr Gozzo nicht nur Stadtrichter von Krems, sondern auch ein enger Vertrauter des böhmischen Königs Ottokar II. war, verrät die achteckige Katharinenkapelle auch Einflüsse der böhmischen Königsarchitektur. Ein Teil des Gebäudes wird museal genutzt, ein anderer Bereich dient seit 2007 als Sitz der niederösterreichischen Abteilung des Bundesdenkmalamtes. Die niederösterreichische Landeskonservatorin Hofrat Dr. Renate Madritsch und DI Franz Beicht, der die Umbauten betreute, stellten daher auch denkmalpflegerische Aspekte zur Diskussion. Es ging etwa um die Ergänzung mit einer modernen Glasfassade, den Abbruch oder Nichtabbruch von spätmittelalterlichen Gewölben und die zukünftige Vorgangsweise bei den beiden Kapellen, in denen noch Nutzungsspuren aus der jüngsten Vergangenheit sichtbar sind.
Nach einem durch den schattigen Gastgarten neben dem Fluss besonders angenehmen Mittagsessen im Gasthof Dunkler in Steinegg am Kamp, stand eine Führung durch das Stift Altenburg auf dem Programm, das zu den künstlerisch bedeutendsten Barockstiften Österreichs gehört. Hier ging es weniger um Denkmalpflegeprobleme und dafür umso mehr um die – ebenfalls nicht einheitlich gedeutete – Ikonographie. Unser früherer Studienassistent Mag. Andreas Gamerith, gebürtiger Altenburger und seit Jahren Spezialist für Paul Troger, zeigte uns die wichtigsten Räume des barocken Klosters und erläuterte das vom Bauherrn Abt Placidus Much konzipierte Programm, das bereits Einflüsse der klösterlichen Aufklärung verrät. Nach der gemeinsamen Hauptführung konnten die Hardcore-Barockliebhaber u.a. noch die normalerweise nicht zugängliche Sakristei besichtigen, während die Naturfreunde im Garten der Stille oder im Garten der Religionen Erholung fanden.
Indirekt um die Verbindung von Religionen, direkt um die prägende soziale-ästhetische Handschrift einer großen Persönlichkeit und um die Kombination alter und neuer Kunst ging es auch bei der letzten kunsthistorischen Station der Reise, nämlich Daniel Spoerris „Kunststaulager“ in Hadersdorf am Kamp. Der sorgfältig renovierte Lesehof des böhmischen Klosters Hohenfurt (das übrigens 1259 von einem Amtskollegen Gozzos am Hof König Ottokars gegründet worden war) beherbergt seit 2009 zahlreiche Objekte und auch Sammlungsbestände des 80-jährigen rumänisch-schweizerischen Objektkünstlers. Dazu gibt es zur Zeit eine Sonderausstellung über Spoerris Künstlerfreundin Eva Aeppli, die heuer ihren 85. Geburtstag feiert. Deren nicht sehr umfangreiches Werk umfasst Grafik, Ölgemälde und vor allem eindrucksvolle Puppen sowie Metallköpfe, die so schön und liebevoll in den alten Räumen präsentiert werden, dass man den Eindruck hatte, sie wären dafür geschaffen worden. Mag. Barbara Räderscheidt, Leiterin des Ausstellungshauses, wissenschaftliche Bearbeiterin des Oeuvres von Daniel Spoerri und selbst Objektkünstlerin, kennt den „Meister“ seit ihrem 18. Lebensjahr. Sehr anschaulich schilderte sie daher dessen Persönlichkeit und die Konzeption des „Gesamtkunstwerkes“ in Hadersdorf, das zusätzlich einen Ausstellungsbereich im ehemaligen Kino sowie ein Restaurant umfasst.
Nach soviel Kunstgenuss war der Besuch beim Heurigen Marek in Feuersbrunn mit seinen 40-cm-Broten und den riesigen Portionen redlich verdient und das herrliche Sommerwetter bot den idealen Rahmen für eine Verkostung der Produkte aus den Weinbauregionen Kamptal und Wagram.
Friedrich Polleroß
Fotos: Eva Grohs, Friedrich Polleroß, Petra Schönfelder, René Steyer