Kunsthistoriker an der Spitze der Historisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät


Im Zuge der Neuwahl der Funktionäre an der Universität Wien für die Amtsperiode 2006-2008 kam es auch an der Historisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät zu einer bemerkenswerten Entscheidung. Vielleicht unter dem Eindruck des "Iconic Turn" wurde nach mehr als einem halben Jahrhundert wieder ein Kunsthistoriker an die Spitze dieser traditionsreichen Fakultät gewählt. Der neue Dekan gehört darüber hinaus zu den jüngsten Professoren auf diesem Posten. Michael Viktor Schwarz wurde 1956 in Süddeutschland geboren und promovierte 1983 in Mainz mit einer Arbeit über die Höfische Skulptur des 14. Jahrhunderts. Nach kurzer Assistentenzeit in Freiburg hatte er ein dreijähriges Habilitations- stipendium der Bibliotheca Hertziana (Max-Planck Institut für Kunstgeschichte) in Rom. 1991 habilitierte er sich an der Universität Freiburg i. Breisgau mit dem Thema "Die Mosaiken des Baptisteriums in Florenz". Von 1992-98 wirkte Michael Viktor Schwarz als Dozent an der Universität Trier. 1998 wurde er auf eine Professur in Dresden berufen, wechselte aber schon nach kurzer Zeit nach Wien, wo er als Ordinarius die Nachfolge von Gerhard Schmidt antrat.

Ähnlich wie sein Vorgänger widmet sich Schwarz wissenschaftlich nicht nur der spätmittelaltelterlichen Skulptur vorwiegend in Mitteleuropa und Frankreich sowie der gotischen Malerei besonders in Italien, sondern auch der Malerei der klassischen Moderne in Deutschland. Anlässlich der 150-Jahrfeier des Wiener Instituts für Kunstgeschichte im Jahre 2002 konzipierte Schwarz eine internationale Tagung, die die Vergangenheit und vor allem Zukunft der traditionsreichen "Wiener Schule der Kunstgeschichte" beleuchtete. Die hier entwickelten explizit formal-kunsthistorischen Methoden der Bildanalyse bildeten den Ausgangspunkt der Arbeiten des nach Wien übersiedelten Kunsthistorikers, und auch seine quellenkritischen Untersuchungen zu Giotto fügen sich in eine Wiener Tradition ein, da ja die Kunstgeschichte hier immer eng mit dem Institut für Österreichische Geschichtsforschung verbunden und für ihre Editionen von kunsthistorischen Quellentexten bekannt war. In den letzten Jahren hat sich Michael Viktor Schwarz verstärkt der Untersuchung der visuellen Medien im christlichen Kult zugewandt. Der Kunsthistoriker fungierte vier Jahre als Institutsvorstand und von 2004-2006 bereits als Vizedekan. Als einer der ersten Professoren des Wiener Institutes, der seine Vorlesungen auf digitale Bilder umstellte und entsprechendes Bildmaterialien für die Studenten im Internet zur Verfügung stellte, war Schwarz auch einer der eifrigsten Befürworter einer Bilddatenbank der Wiener Universität, die 2005 unter dem Namen "UNIDAM" ins Leben gerufen wurde. Mit der Wahl von Michael Viktor Schwarz zum Dekan ist die Bildwissenschaft aber nun nicht nur technisch, sondern gleichsam auch institutionell wieder zur wissenschaftlichen Leitdisziplin in den Geisteswissenschaften an der Alma Mater Rudolphina geworden.
Friedrich Polleroß