Schuhtick im Marstall. Unsere Absolventin Andrea Stockhammer Direktorin des Landesmuseums Mainz

Mit 1. September 2010 übernahm die Wiener Kunsthistorikerin Dr. Andrea Stockhammer die Leitung des Landesmuseums in Mainz. „Die Entscheidung fiel auf Frau Dr. Stockhammer, da sie aufgrund der inhaltlichen Schwerpunkte ihrer bisherigen Arbeit für einen großen Teil der Sammlungsstücke des Landesmuseums Mainz über eine profunde inhaltliche Basis verfügt und gleichzeitig als mit dem Aufbau eines Museums von internationalem Rang betraute Kustodin wichtige Erfahrungen im Museumsbereich sammeln konnte. Diese Kenntnisse wird sie zur Stärkung des Landesmuseums Mainz gewinnbringend einsetzen“, so Staatssekretär Michael Ebling.
Als eines der ältesten Museen Deutschlands geht das Landesmuseum in Mainz auf eine Gemäldezuweisung Napoleons im Jahre 1803 zurück. 1937 übersiedelten die inzwischen vielfältig angewachsenen städtischen Sammlungen in den ehemaligen kurfürstlichen Marstall und 1967 wurden sie zu einem Landesmuseum aufgewertet. Den barocken Bau hat man in den Jahren 2001-10 grundlegend saniert und modern erweitert. Die neue Direktorin übernimmt also ein generalsaniertes Haus. Die bedeutende kunst- und kulturgeschichtliche Sammlung des Museums erstreckt sich von den Anfängen der Kultur bis zur Kunst der Gegenwart. Sammlungsgebiete sind Vorgeschichte, römische Zeit, Mittelalter, Renaissance, Barock, Graphik des 16.-20. Jahrhunderts, niederländische Malerei, Porzellan des 18. Jahrhunderts, Malerei des 19. Jahrhunderts, Judaica, Stadtgeschichte, Glas des Jugendstil und Kunst des 20. Jahrhunderts. Zahlreiche Sonderausstellungen zur Kunst der Gegenwart und der Vergangenheit bereichern das breit gefächerte Angebot.
Andrea Stockhammer studierte an unserem Institut Kunstgeschichte und verfasste 1997 bei Prof. Rosenauer eine Diplomarbeit über die Zeichnungen Rembrandts und seiner Schule in der Albertina. Anschließend wirkte sie bei der Ausstellung „Triumph der Phantasie. Barocke Modelle von Hildebrandt bis Mollinarolo“ in der Österreichischen Galerie in Wien, bei der niederösterreichischen Landesausstellung „Die Suche nach dem verlorenen Paradies. Europäische Kultur im Spiegel der Klöster“ im Stift Melk sowie beim Aufbau eines virtuellen Niederösterreichischen Landesmuseums im Rahmen des Instituts für Realienkunde des Mittelalters und der Frühen Neuzeit in Krems mit. Außerdem bearbeitete sie österreichische Themen für die internationalen Ausstellungen “The Triumph of the Baroque: Architecture in Europe 1600-1750” (Turin/Montreal/ Marseille) und „Tapestry in the Renaissance. Art and Magnificence” (New York 2002). 2001/2 war Frau Stockhammer in der Sammlung für Tapisserien und Paramente des Kunsthistorischen Museums beschäftigt. Auf diesen Posten verzichtete sie jedoch zugunsten einer Kustodenstelle im Liechtenstein Museum, wo sie bis 2004 beim Aufbau des neuen Museums beteiligt war. Von 2006-2010 arbeitete sie am Institut für Mittelalterforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften am interdisziplinären Projekt „Inschriftenlandschaften“ an der oberen Donau.
2009 schloss Andrea Stockhammer bei Prof. Rosenauer und der Umwelthistorikerin Verena Winiwarter die Dissertation „Landschaftsmalerei als Spiegel gesellschaftlichern Naturverständnisses. Interdisziplinäre Studie zur Bildproduktion der Holländer im 17. Jahrhundert“ ab.
Die vielfältigen beruflichen Erfahrungen in unterschiedlichen Bereichen der Kunstgeschichte waren sicher nützliche Voraussetzungen für die Leitung eines Universalmuseums wie es das Landesmuseum Mainz darstellt. Die aktuellen Ausstellungen des Hauses umfassen etwa Ölskizzen des 19. Jahrhunderts, französische Impressionisten aus Köln und Goya-Graphik. Der große Renner ist jedoch die Ausstellung „Schuhtick. Von kalten Füßen und heißen Sohlen“. Ob sich auch die neue Direktorin mit einem Schuhtick eingestellt hat, wissen wir nicht. Wir wünschen ihr jedenfalls, dass sie in Mainz keine kalten Füße bekommt, sondern eine heiße Sohle aufs Museumsparkett legt!

Friedrich Polleroß        Fotos: Landesmuseum Mainz, Inge Prader