Gelehrte Köpfe & kluge KunsthistorikerInnen
Gelehrte Köpfe & kluge KunsthistorikerInnen
Im Rahmen des 2015 bevorstehenden Universitätsjubiläums wird an unserem Institut auch ein vom Jubiläumsfonds der Oesterreichischen Nationalbank finanziertes Forschungsprojekt durchgeführt. Unter dem Titel „Ge(l)ehrte Köpfe. Ikonographie und Stellenwert der Denkmäler im Arkadenhof der Universität Wien“ bearbeiten Dr. Julia Rüdiger, Mag. Andrea Mayr und Dr. Martin Engel unter der Leitung von A.o. Prof. Dr. Ingeborg Schemper-Sparholz die plastischen Professoren-Porträts im Arkadenhof der Universität Wien, eines der größten Ensembles seiner Art. Der Memorialraum im Zentrum der Universität wurde bereits vom Architekten Heinrich von Ferstel und seinem Berater, dem ersten Professor unseres Institutes, Rudolf von Eitelberger, angestrebt und schließlich ab 1889 im wenige Jahre zuvor eröffneten Hauptgebäude umgesetzt. Der historistische Neubau und dessen Programm, darunter die Porträts an den Fassaden, standen schon im Zentrum der Dissertation von Julia Rüdiger, und wurden von dieser auch in einem semifiktionalen Blog zum Uni-Jubiläum thematisiert.
Neben zeitgenössischen Denkmälern wurden damals auch ältere Büsten im Arkadenhof aufgestellt und das Ensemble durch das gesamte 20. Jahrhundert sukzessive erweitert. Unsere Ordinarien wie Eitelberger und Josef Strzygowski waren jedoch nicht nur in den Entstehungsprozess der Skulpturen als Fachleute einbezogen; unter den über 150 Denkmälern befinden sich auch zwei von Kunsthistorikern: das Relief von Eitelberger von Kaspar von Zumbusch im Stil der Neo-Renaissance (1889) und die Büste von Julius von Schlosser von Hitlers Paradebildhauer Josef Thorak (1955 aufgestellt). Insgesamt lassen sich also nicht nur die Spezifika des skulpturalen Gelehrtenbildnisses erfassen, sondern auch deren Veränderungen im Laufe der Jahrzehnte. Die Einrichtung der Wiener universitären Ehrenhalle fällt in den späten Historismus und erscheint als logische Konsequenz der „Denkmalflut“ des 19. Jahrhunderts. Weitere Höhepunkte der Ausstattung sind in den 1920er und 1950er Jahren zu konstatieren. Während der sogenannte österreichische Heldenberg in Kleinwetzdorf, der Temple of British Worthies und ursprünglich auch die Walhalla ein in sich geschlossenes Ensemble darstellten, waren das Pariser Panthéon, die Aula der Humboldt-Universität zu Berlin sowie die Wiener Universitätsarkaden für eine sukzessive Erweiterung ausgelegt. Dadurch spiegelt sich in der Ausstattung der Wiener Ehrenhalle auch das wechselnde Kräfteverhältnis innerhalb der Universität und der Wissenschafts-landschaft wider. Signifikant ist auch die Tatsache, dass in der Zusammenstellung der über 150 Geehrten keine einzige Wissenschaftlerin aufgenommen wurde. Auf diese Tatsache wurde 2009 mit der Granit-Intarsie „Der Muse reicht’s“ von Iris Andraschek aufmerksam gemacht. Große Aufmerksamkeit in den Medien erlangte jedoch auch das Forschungsprojekt, das u.a im ORF und in der „Presse“ vorgestellt wurde.
Vom 24. - 26. September 2014 findet nun teilweise am Institut und teilweise im Hauptgebäude sowie im Billrothhaus die Internationale Tagung „Scholars‘ Monuments. Historical Meaning and Cultural Significance“ statt, in deren Rahmen aktuelle kunst- und kulturhistorische Forschungspositionen zu Gelehrtendenkmälern zusammengetragen und im Spiegel des Arkadenhofs der Wiener Universität reflektiert werden sollen. Die Tagungsbeiträge nähern sich der Gelehrtenmemoria aus unterschiedlichen methodischen Richtungen und Disziplinen (Kunstgeschichte, Zeitgeschichte, Wissenschaftsgeschichte, cultural memory studies, gender studies). In diesem Rahmen wird nicht nur die Tradition universitärer Ehrenhallen als Funktionsgedächtnis sichtbar, sondern anhand der Auswahl (und Ausgrenzung) von WissenschaftlerInnen lassen sich zeit- und wissenschaftshistorische Konflikte aufdecken. Diese zeigen sich besonders markant bei politisch-ideologisch und gender-spezifisch motivierter Ausgrenzung. Es gibt daher auch Überlegungen, die Denkmalreihe des Arkadenhofes mit Bildnissen von WissenschaftlerInnen fortzusetzen.
Friedrich Polleroß Fotos: UNIDAM