Organisation
Univ.-‐Ass. Dr. Anna Frasca-‐Rath
Univ.-‐Prof. Dr. Marion Meyer
Assoz.-‐Prof. Dr. Gerald Moers
Univ.-‐Ass. Caroline Schopp PhD
Seminarraum 3, Campus Hof 7, Universität Wien
Die Konzepte Kreativität, Originalität und techne (Meisterschaft in der Anfertigung und Ausführung) sind in je kulturspezifischer Ausprägung seit dem alten Ägypten bis heute medienübergreifend in Quellen von unterschiedlichem Dokumentationswert (Inschriften und Urkunden, Legenden, Mythen, Anekdoten) tradiert. Sie werden auf Personen bezogen, die neue Wege gingen, Innovationen einführten und Kunstfertigkeit demonstrierten. Narrative schöpferischer Leistung und der produktiven Aneignung von Ideen finden sich in vielen Kulturen; sie sind in Artefakten jeglicher medialer und materieller Qualität nachzuweisen. Auch die durch die Moderne geprägte Vorstellung vom ‚Künstler‘1 und von Künstlerschaft baut letztlich auf derartigen mythischen und literarischen Topoi auf.
Ziel des Workshops ist es, das Wechselspiel zwischen Texten, Objekten und Diskurs aus einer interdisziplinären, epochen- und raumübergreifenden Perspektive zu untersuchen. Die Annäherung an das Thema soll über die Analyse von Case-‐Studies aus unterschiedlichen Disziplinen erfolgen, wobei die Konzepte Originalität, Kreativität und techne, etwa anhand von Texten aus dem alten Ägypten, bildlichen und schriftlichen Zeugnissen aus der Antike, bildkünstlerischer Rezeptionen antiker Artefakte seit der Frühen Neuzeit, bis Marcel Duchamps readymades, diskutiert werden. Um die gängige Vorstellung vom ‚Künstler‘ nicht anachronistisch auf andere Zeiten und Kulturen zu übertragen, soll von Legende, Mythen und Fiktionen über Personen gesprochen werden, die kreativ, innovativ und exzellent arbeiten.
Zentrale Fragen, die wir bei dem Intro-Workshop offen ansprechen möchten, sind:
- Welche Mythen und Fiktionen von Kreativität, Originalität, techne und Künstlerschaft lassen sich aus einer überzeitlichen Perspektive ausmachen? Inwiefern sind diese kulturspezifisch?
- Wie und warum konstruieren Gemeinschaften Vorstellungen von Kreativitäts- bzw. Originalitätsheroen? Wie ist das Verhältnis solcher Personen zur Gesellschaft und zur Politik?
- Welche Geschlechterbilder liegen Mythen und Fiktionen solcher Personen zugrunde?
- Welche strukturellen bzw. typologischen Gemeinsamkeiten existieren transkulturell zwischen den verschiedenen Vorstellungen?
- Welche Rolle spielen Institutionen, etwa Akademien oder Tempel, für die Entstehung solcher Mythen und Fiktionen?
- Wie und wo sind Produzent*innen von Artefakten bezeugt, die als kreativ, originell oder exzellent ausgeführt angesehen werden – in Selbstzeugnissen (Signaturen, Darstellungen) oder von Dritten?
- Welcher Zusammenhang besteht zwischen Erfindung (Kreativität, Originalität) und Ausführung (techne)? Wann und wo wird mehr das eine oder das andere geschätzt?
- Welche Funktionen haben entsprechende Legenden, Mythen und Anekdoten? Worüber sagen diese Narrative in ihren jeweiligen Kontexten etwas aus, und warum werden einzelne Produzent*innen zu Protagonist*innen von Narrativen? Was sagen solche Narrative über den gesellschaftlichen Wert der in ihnen thematisierten Werke?
Bitte senden Sie bei Interesse bis spätestens zum 5. Mai 2019 ein Abstract (max. 500 Wörter) an anna.sophie.rath@univie.ac.at und geben Sie an, ob Sie mit einem 10- oder 20‐minütigen Paper zu dem Workshop beitragen möchten.
Zum Format des Intro-Workshops
Der Intro-‐Workshop ist die erste von der Forscher*innengruppe organisierte Veranstaltung und richtet sich an Wissenschaftler*innen der Universität Wien, die aus der Perspektive Ihres Faches zu den oben genannten Fragestellungen beitragen möchten. Der eintägige Workshop soll eine Plattform bieten, um eine zukünftige Zusammenarbeit im Rahmen der Forscher*innengruppe zu initiieren, den Austausch von Ideen zu ermöglichen und eine Grundlage für mögliche zukünftige Kooperationen, etwa mit Blick auf Forschungsanträge, zu legen. Jeder Input ist willkommen und wird die Diskussion bereichern. Die Teilnahme am Workshop zieht selbstverständlich keine weiteren Verpflichtungen zur Zusammenarbeit nach sich.
Zur Forscher*innengruppe „Die Legende vom Künstler 2.0.
Transkulturelle Narrative von techne und ihre Transformationsprozesse seit der Antike“
1934 verfassten die Wiener Kunsthistoriker Ernst Kris und Otto Kurz ihre epochen-‐, raum-‐ und disziplinenübergreifende Studie zum Thema der „Legende vom Künstler“, welche aufgrund der Multiperspektivität bis heute als grundlegend für die Auseinandersetzung mit der Frage nach der Vorstellung vom ‚Künstler‘ als ein kulturelles Konstrukt gesehen werden kann. Ausgehend von dieser Publikation ist das Ziel der Forschergruppe, die Bedeutung von in unterschiedlichsten Medien realisierten Mythen und Fiktionen für die Auseinandersetzung mit den Phänomenen der Kreativität, Originalität, Erfindung und techne zu beleuchten und einen jeweils kulturgebundenen Künstlerbegriff aus einer interdisziplinären und raumübergreifenden Perspektive vom alten Ägypten bis in die Gegenwart zu untersuchen. Aufgrund der breitangelegten Perspektive, die Beispiele von der Vormoderne bis heute aufgreift, besteht die Notwendigkeit, den durch die Moderne geprägten Begriff des Künstlers zu historisieren.
-> detailliertes Programm
-> zur Einladung
1 Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird hier und im Folgenden ‚Künstler‘ in der männlichen Form verwendet. Der Begriff verweist hierbei auf ein Konzept, nicht aber auf den männlichen Kunstschaffenden.