Zur experimentellen Narratologie des Bildes

Projektleitung: Dr. Klaus Speidel
Gastgeber: Univ.-Prof. Dr. Raphael Rosenberg
Laufzeit: November 2015 – Oktober 2017
Fördergeber: FWF, Lise Meitner-Programm (M 1944)


Projektbeschreibung:

1766 postulierte G. E. Lessing in seinem Laokoon, dass ein Bild im Gegensatz zum Text kein „zeitliches Programm“ besitze. Daraus leiten viele Erzähl- und Bildtheoretiker bis heute ab, dass Einzelbilder keine Geschichte erzählen können. Kunsthistoriker dagegen nehmen meist an, dass gewisse Bilder sehr wohl erzählend sind und fragen höchstens nach dem Wie der Bilderzählung im Einzelbild. Ziel des Projektes ist mittels Einsatz neuer psychophysiologischer Messmethoden diese überwiegend in getrennten Strängen geführten Debatten auf empirisch-experimentelle Weise zu bereichern. K. Speidel hat in seiner Dissertation theoretisch und bildanalytisch die Möglichkeiten einer reinen Bilderzählung im Einzelbild analysiert und möchte nun empirisch überprüfen, in wie weit und auf welche Weise Betrachter bestimme Bilder erzählerisch verstehen. Mittelpunkt des Projektes ist eine Studie, in der Versuchspersonen ganz verschiedene Bilder (Gemälde, Zeichnungen, Photos, künstlerische und unkünstlerische Werke) betrachten werden, während ihre psychophysiologischen Reaktionen auf unterschiedlichen Ebenen gemessen werden. Die Bildauswahl wird insbesondere auch Werke berücksichtigen, in denen für die Gesamtbedeutung der Bildgeschichte wesentliche Elemente verhältnismäßig klein dargestellt sind (z. B. Géricaults Floß der Medusa). Erwartet wird, dass zumindest in diesem Fall Bilder ähnlich wie Texte, Spannung aufbauen und Überraschungen bereithalten. Während sich bereits einige empirische Studien dem Verständnis von Erzählung im Text und im Film gewidmet haben, öffnet diese Studie ein neues Forschungsfeld, aus dem sowohl für die Kunstgeschichte wie für das Verhältnis von Bild- und Textwissenschaften neue Impulse von großer Tragweite erwartet werden.

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