Neuerscheinungen zur barocken Kunst

Nach längerer Zeit kann wieder über eine Reihe von neuen Büchern, die von Institutsmitarbeiter*innen verfasst oder herausgegeben wurden, berichtet werden. Im Rahmen der Internettagung „Kunst und Diplomatie. Habsburgische Netzwerke und das Kunstsammeln in Europa: Akteure – Praktiken – Rahmendiskurse“ konnten die ersten beiden Bücher einer neuen Reihe unter dem Titel „Sammler, Sammlungen, Sammlungskulturen in Wien und Mitteleuropa“ vorgestellt werden. Es handelt sich um Tagungsbände des von unserem Dekan Sebastian Schütze gegründeten „Vienna Center for the History of Collecting“. Beide Bände besitzen einen gewissen Italienschwerpunkt.

Der Band „Perspektivenwechsel“ versammelt einen Teil der im Rahmen einer Tagung 2017 im Institut präsentierten Vorträge. „Sammlungsschwerpunkte und Erwerbungsstrategien, ästhetische Wertschätzung und Preisgestaltung, Präsentation und Aufstellung, Netzwerke von Agenten, Kunsthändlern und Beratern stehen im Zentrum des Bandes.“ Der Brünner Professor Ladislav Daniel stellt die Sammlerpersönlichkeit in Böhmen und Mähren vom 17. bis zum 20. Jahrhundert vor, die italienischen Projektmitarbeiterin Cecilia Mazzetti di Pietrelata präsentiert den Kardinalprotektor der Habsburger im päpstlichen Rom, Kardinal Nicolò del Giudice, und Roswitha Juffinger beleuchtet die Herkunft der Salzburger Residenzgalerie aus der Wiener Sammlung der Grafen Johann Rudolph und Eugen Carl Czernin. Der ehemalige Assistent Gernot Mayer widmet sich der Frühgeschichte des Wiener Auktionskataloges  und die ehemalige Assistentin Anna Frasca-Rath verweist auf die Wertschätzung klassizistischer Skulptur im kaiserlichen Wien.

Der aus einer Tagung des Jahres 2018 hervorgegangene zweite Band mit dem Titel "Fortunata Neapolis: Kunst- und Kulturtransfer zwischen Neapel, Wien und Mitteleuropa" behandelt vor allem die Zeit von 1707–1734, als Neapel von Österreichischen Vizekönigen regiert wurde. Damals kamen zahlreiche neapolitanische Kunstwerke nach Mitteleuropa. Beleuchtet werden u.a. die Sammlungen der Grafen Harrach (Pia Wallnig), des Landgrafen von Hessel-Kassen (Justus Lange) oder des Carlo Mechetti (Katharina Leithner). Ciğdem Özel berichtet über einen Tafelaufsatz im Kunsthistorischen Musem, und es werden auch Werke von Paolo de Matteis sowie Nicola Maria Rossi vorgestellt.

Dem u.a. auch in Neapel tätigen Maler Mattia Preti ist die vermutlich erste deutschsprachige Monographie gewidmet, die der Assistent von Prof. Schütze, Stefan Albl, verfasst hat. Pretis „Befreiung des Heiligen Petrus aus dem Kerker“ zählt zu den Hauptwerken der italienischen Barockmalerei in Wiener Sammlungen. Das großformatige Gemälde kam 1822 durch ein Legat aus dem Besitz des Grafen Franz Anton von Lamberg-Sprinzenstein in den Besitz der Akademie der bildenden Künste in Wien. Bernardo De Dominici, der zwischen 1742-1745 die Lebensbeschreibungen Neapolitanischer Maler, Bildhauer und Architekten verfasste, feierte das Werk in den höchsten Tönen und bezeichnete es als ein wahres Wunder. Neben einer eingehenden Analyse des Bildes vermittelt die Werkmonographie einen tiefen Einblick in das Schaffen Mattia Pretis, seinen Umgang mit Vorbildern und Dialogen mit Veronese, Caravaggio, Guercino und anderen Künstlern sowie seine markant plastische Auffassung des menschlichen Körpers, die bereits von Roberto Longhi als zentrales Charakteristikum der Bildsprache Pretis herausgestellt wurde. Das handliche Buch ist mit 80 durchwegs farbigen Abbildungen illustriert und um wohlfeile Euro 28,50 erhältlich.

Ein frühere Assistentin unseres Institutes, Huberta Weigl, hat nach jahrelangen Vor- bzw. Nacharbeiten und intensiver Tätigkeit als Schreibwerkstättenleiterin ihre Dissertation über Jakob Prandtauer zu einer zweibändigen Monographie ausgebaut. Da sich der Entstehungsprozess mehrfach verzögerte, hat die Autorin die ungeduldige Leserschaft immer wieder mit auf einer eigenen Homepage mit Werbebotschaften oder Filmchen über den Stand der „Ermittlungen“ und zuletzt auch über die beginnende Auslieferung informiert. Diese gestaltete sich nicht zuletzt deswegen schwieriger, weil das Weigl‘sche Meisterwerk mit 928 Seiten, 900 Abbildungen und einem Gesamtgewicht von sechs Kilogramm auch eine logistische Schwerarbeit erfordert. Der erste Teil enthält die Biographie des Künstlers, eine ausführliche Analyse seiner Tätigkeit für die Klöster St. Pölten, Melk, St. Florian, Kremsmünster, Herzogenburg und Klosterneuburg sowie eine Würdigung seines Werkes. Der zweite Band bietet dann einen vollständige Katalog aller gesicherten und auch fragwürdigen Planungen und Bauten des niederösterreichischen Baumeisters.

Friedrich Polleroß   Fotos: Verlage