Eine Bühne für Mattielli. Internationales Kolloquium über den Barockbildhauer


Am 18. und 19. März 2011 fand an unserem Institut ein internationales Symposium über den Bildhauer Lorenzo Mattielli (687-1748) statt. Die von Prof. Dr. Inge Schemper-Sparholz konzipierte und mit Hilfe unserer Studien-Assisentin Karin Trojer organisierte Veranstaltung vereinte ReferentInnen aus fünf Ländern und war den oberitalienischen Wurzeln des aus Vicenza stammenden Bildhauers, seiner Tätigkeit in Wien und Dresden sowie seinem Einfluss in Mitteleuropa gewidmet.

Unser Dekan, Univ.-Prof. Dr. Michael Viktor Schwarz, eröffnete die Tagung mit dem Hinweis, dass es sich dabei um den Auftakt für insgesamt vier Symposien handelt, die in diesem Semester an unserem Institut abgehalten werden. Durch diese Veranstaltungen käme auch die jetzt an der Universität so hoch geschätzte Internationalität zum Ausdruck, die – wie auch das Beispiel Mattiellis zeigt - in der Kunst schon immer eine wichtige Rolle gespielt hat. sodass die Kunstgeschichte hier gleichsam eine Vorreiterrolle eingenommen hat bzw. einnehmen könnte.

Prof. Schemper, die zur Zeit ihre Habilitationsschrift über Mattielli für den Druck vorbereitet, bot in ihrem Einführungsvortrag einen Überblick über den Hofbildhauer und seine Tätigkeit in Wien. Obwohl man seinen Werken in der Stadt auf Schritt und Tritt begegnet- vom Schwarzenbergpalais und der Karlskiche über die Hofburg und die Michaelerkirche bis zur Peterskirche und zum Zeughaus am Hof – sei er als Künstlerpersönlichkeit jedoch im allgemeinen Bewusstsein kaum verankert. Das Kolloqium biete daher die Möglichkeit, Mattielli in Wien zumindest innerhalb der wissenschaftlichen Öffentlichkeit eine Bühne zu bieten. Als besondere Attraktion konnte die Veranstalterin in einer Vitrine eine in mehrfacher Hinsicht außerordentliche Terrakottaskulptur Mattiellis aus deutschem Privatbesitz präsentieren. Die Pietà ist nicht nur signiert und 1738 datiert, sondern zeigt auf dem Schoss Mariens ungewöhnlicherweise einen lebenden und segnenden Christus, der laut Inschrift der Rückseite dem Bildhauer in einer Traumvision erschienen war. Trotzdem war dem Künstler das vom Dresdner Großauftrag erhoffte Glück nicht hold: die Schadensfälle an den Werken Mattiellis sind ebenso zahlreich wie dramatisch – von der Entfernung der Originalfassung der Schmerzensmutter und dem Kransturz auf das bürgerliche Zeughaus in Wien bis zu den Verwüstungen der Dresdner Gartenskulpturen während des Siebenjährigen Krieges und den britischen Bomben auf die Dresdner Hofkirche….

Diese Schadensfälle und die nicht weniger wechselhafte Rolle der Denkmalschützer dabei waren das Thema des Referates des langjährigen Leiters der Werkstätten des Bundesdenkmalamtes und Dozent an unserem Institut, Manfred Koller. Manuel Weinberger, Dissertant bei Prof. Lorenz und Mitarbeiter an dessen Hofburgprojekt der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, beleuchtete hingegen am Beispiel der Hofburgbauten des jüngeren Fischer von Erlach das Verhältnis der Architektur zur Skulptur Mattiellis.

Die erste Sektion am Samstag war dem Umfeld des Bildhauers in Venedig gewidmet. Massimo Degrassi (Universität Triest) zeigte die lokalen Einflüsse auf ihn auf, Regina Deckers (Bibliotheca Hertziana Rom) sprach über den ebenfalls in Wien tätigen venezianischen Kollegen Antonio Corradini und Matej Klemencic (Universität Ljubljana) berichtete über weitere venezianische Bildhauer, die nördlich der Alpen tätig waren.

Die Nachmittagssektion über Dresden wurde von Konstanze Rudert (Kupferstich-Kabinett Dresden) eröffnet, die eine Monographie über die Dresdner Werke Mattiellis vorbereitet und zwei Neufunde vorstellte. Der Bildhauer und Kunsthistoriker Stefan Dürre (Dresden) wies auf Mattiellis Funktion als Skulptureninspektor hin und auf die konservatorische Problematik der erhaltenen Reste des ehemaligen „Skulpturenmuseums“ im Großen Garten, während Sabine Wilde (ebenfalls Kupferstich-Kabinett Dresden) die Beziehungen zwischen Mattielli und seinem Kollegen Gottfried Knöffler beleuchtete.

Abschließend referierten Jakub Sito (Kunstinstitut der Polnischen Akademie der Wissenschaften, Warschau) über ein im Auftrag des Kurfürsten-Königs nach Warschau gelieferte Werk des Hofbildhauers und Michael Wardzynski (Kunsthistorisches Institut der Universität Warschau) über Mattiellis Einfluss auf die schlesischen Bildhauer.

Am Sonntag führte eine Exkursion die Tagungsteilnehmer zu den Werken im Schloss Eckartsau, im Stift Klosterneuburg sowie in Wien. Bei der Stiftsführung erläuterte Huberta Weigl die Baugeschichte, Mag. Margit Kohlert vom Bundesdenkmalamt die Restaurierungsmaßnamhen mit den umstrittenen Eingriffen eines modernen Architekten und unser Dozent Dieter Bogner stellte die von seiner Firma betreute neue Museumsplanung vor.

Finanzielle Unterstützung für das Kolloquium leisteten neben den beiden niederösterreichischen Sehenswürdigkeiten und der Fakultät die Kunsthistorische Gesellschaft, die Stadt Wien, der Kunsthändler Dr. Rainer Jungbauer und die Firma Bogner Consulting.


Friedrich Polleroß  Fotos: UNIDAM, Mateusz Mayer, Friedrich Polleroß