Kunsthistorischer Staatsbesuch im Iran

Der österreichische Staatsbesuch mit Bundespräsident Dr. Heinz Fischer und einer großen Delegation Anfang September 2015 im Iran wurde weltweit beachtet, weil er der erste Empfang eines westlichen Staatsoberhauptes nach dem Atom-Abkommen zwischen der Islamischen Republik und den UN-Vetomächten sowie Deutschland war.  

Der Besuch diente mit einer großen Wissenschafts- und Kulturdelegation auch der Verbesserung akademischer und kultureller Kooperationen. Daran waren auch unser Institut und die Universität Wien beteiligt. In der von Vizekanzler und Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner geleiteten Wissenschaftsdelegation befanden sich Rektor Univ.-Prof. Dr. Heinz W. Engl und unser Institutsvorstand Univ.-Prof. Dr. Markus Ritter. Dieser war als Fachmann für islamische Architektur und Kunst im Iran schon im Frühsommer Gastgeber für ein Treffen von Vertretern der Universität Wien und einer iranischen Wissenschaftsdelegation gewesen.

Die 1851 mit der Errichtung der ersten Hochschule im Iran einsetzenden wissenschaftlichen Beziehungen zu Österreich wurden nun erneuert. Im Rahmen des österreichischen Staatsbesuches wurde als eines von 13 wissenschaftlichen Abkommen ein „Memorandum of Understanding“ zwischen der Universität Wien und der Universität Teheran im Beisein des österreichischen und des iranischen Wissenschaftsministers unterzeichnet.

Nach den offiziellen Gesprächen in Teheran wurde der Besuch mit einer Exkursion nach Isfahan fortgesetzt. Dort übernahm Professor Ritter die fachliche Führung von Teilen der Delegation durch die Palast- und Gartenstadt des 17. Jahrhunderts. Unter den Besucherinnen befanden sich auch die Museumsdirektorinnen Dr. Sabine Haag (Kunsthistorisches Museum) und Dr. Agnes Husslein-Arco (Belvedere). In Isfahan führte unser Institutsvorstand auch Kooperationsgespräche an der University of Arts mit Prof. Javani, dem Dekan der Faculty of Restoration and Heritage.

Der Besuch hatte auch noch ein freundliches Nachspiel für das Institut für Kunstgeschichte: Herr Bundespräsident Fischer, dessen Gattin Margot Fischer an unserem Institut studiert hat und der unsere Bibliothek schon mehrfach mit Buchgeschenken unterstützt hat, überließ einige Bücher, die er auf seiner Iranreise erhalten hat, unserem Institut. Der Bereich der islamischen Kunstgeschichte hat dadurch einen schönen Zuwachs bekommen.

War die Wissenschaft diesmal im Windschatten der Wirtschaft gereist, so war dies vor mehr als hundert Jahren genau umgekehrt. Der Wiener Kunsthistoriker Ernst Diez (1878-1961), seit 1911 Assistent von Prof. Josef Strzygowski an unserem Institut und Spezialist für islamische Architektur, unternahm im Auftrag seines Lehreres 1912-14 eine Asienreise, die auch die Möglichkeiten einer Außenstelle des Kunsthistorischen Institutes in Teheran sondieren sollte. In einem Schreiben an das Handelsministerium (dessen Durchschlag leider nur unvollständig im Institutsarchiv erhalten blieb) regte er damals an, dass sich nicht nur die österreichische Kunstwissenschaft, sondern auch die Wirtschaft stärker für den Iran interessieren sollte, um den Unternehmen "reiche Einnahmequellen zu sichern".



Friedrich Polleroß    Fotos: APA, Institut für Kunstgeschichte, Markus Ritter