Brennpunkt Wien

Ringvorlesung über Gegenwart und Zukunft der Kunstmuseen

Dir. Dr. Klaus Albrecht SCHRÖDER

Dir. Dr. Johann KRÄFTNER

Dir. Dr. Agnes HUSSLEIN-ARCO

Generaldir. Dr. Sabine HAAG

Dir. Mag. Karola KRAUS

Dir. Peter NOEVER

Die DirektorInnen der großen Wiener Museen kamen in den letzten Jahren wiederholt in die Zeitungsschlagzeilen – manchmal durch Besucherrekorde und Ausstellungserfolge, häufiger jedoch durch chronischen Geldmangel und vermeintliche oder tatsächliche Skandale. Das Spektrum der Vorwürfe reichte von Wasserschäden in neuen Depots und Personalrochaden über den Handel mit Gebrauchtwagen und teuren Ministerinnenschreibtischen bis hin zum Diebstahl von Salzfässern und geistigem Eigentum. Ebenso regelmäßig wie die Klagen der Museumsleiter über fehlenden Finanzen waren auch jene der Journalisten über fehlende Konzepte und den inhaltlichen Wildwuchs der Ausstellungen. Bundesministerin Dr. Claudia Schmied, im Hauptberuf „Lieblingsfeind“ der Lehrergewerkschaft, berief daraufhin eine Museumskommission ein, deren Arbeit zwar nicht kostenlos, aber umsonst war. Denn es blieb fast Alles beim Alten.

Neben all diesen Zores blieb den Damen und Herrn MuseumsdirektorInnen wohl nur wenig Zeit, in Ruhe über die Konzeption ihrer Häuser nachzudenken bzw. ihre diesbezüglichen Gedanken dem interessierten Publikum zu präsentieren. Um diese Neugier der Wiener Öffentlichkeit zu befriedigen, hat das Institut für Kunstgeschichte der Universität im WS 2010/11 daher eine Ringvorlesung konzipiert, die altgedienten und neuernannten MuseumsleiterInnen Gelegenheit geben soll, ihre Wünsche, Sorgen und Visionen auszubreiten. Aber auch dem Wiener Publikum wird auf diese Weise die Möglichkeit zu kritischen Fragen geboten.

Die Vorträge finden im Seminarraum 1 des Instituts für Kunstgeschichte am Universitäts- campus, Hof 9, Eingang: Garnisongasse 13, statt und beginnen jeweils um 18 Uhr c.t.:

Mittwoch, 3. November 2010: Direktor Dr. Klaus Albrecht SCHRÖDER (Albertina, Wien): Mission Impossible: Der Kunsthistoriker und das Museum des 21. Jahrhunderts

Den Auftakt macht der seit zehn Jahren die Albertina leitende Dr. Klaus Albrecht Schröder. Er wurde 1955 in Linz geboren und studierte von 1976-83 an unserem Institut Kunstgeschichte. 1995 schloss er das Studium bei Prof. Rosenauer mit einer Dissertation über Richard Gerstl ab. Nach Tätigkeiten für den ORF und die Wiener Kulturstadträtin Ursula Pasterk leitete Schröder von 1988-2000 das Kunstforum der Bank Austria bzw. machte aus einem kleinen Ausstellungsbetrieb die heute in ganz Europa renommierte Institution. Mit 1. Jänner 2000 übernahm er die aus der direkten staatlichen Verwaltung ausgegliederte „Graphische Sammlung“ und formte sie zum „Albertina Museum“ um.

Mittwoch, 10. November 2010: Direktor Dr. Johann KRÄFTNER (Liechtenstein Museum, Wien): Visionen für eine Sammlung: Die Fürstlich Liechtensteinischen Sammlungen seit 2002

Dipl.-Ing. Dr. Johann Kräftner (Jg. 1951) studierte Architektur mit dem Schwerpunkt Kunstgeschichte sowie Denkmalpflege und verfolgt diese drei Arbeits- bereiche bis heute. Ab 1988 konzipierte bzw. gestaltete er Ausstellungen. Neben seiner Tätigkeit als Ausstellungsarchitekt u.a. des KHM sowie des Prinzhorn-Museums in Heidelberg leitete Kräftner von 1998-2002 die Abteilung für architektonische Gestaltungslehre der Technischen Universität Wien. Seit 2002 ist er Direktor des Liechtenstein Museum in Wien sowie der Sammlungen des Fürsten von und zu Liechtenstein in Vaduz. In dieser Funktion war und ist er sowohl für die Renovierung und Umbauten der beiden fürstlichen Paläste als auch für Konzeption, Gestaltung, Vermarktung und Ankäufe des Museums in der Rossau verantwortlich.

Mittwoch, 24. November 2010: Direktorin Dr. Agnes HUSSLEIN-ARCO (Belvedere, Wien): Die Österreichische Nationalgalerie: ein Anachronismus?

Agnes Husslein-Arco hat 1979 ihr Studium an unserem Institut mit einer Dissertation über die Seckauer Engelskapelle ihres Großvaters Herbert Boeckl abgeschlossen. 1981 eröffnete sie die Wiener Filiale von Sotheby’s, deren Geschäfte sie bis 2000 lenkte. Zusätzlich übernahm sie ab 1988 die Geschäftsführung für die Sotheby’s-Dependancen in Budapest und Prag. In den 1990er-Jahren war Husslein-Arco Director of European Development im Guggenheim Museum, von 2001-2003 Direktorin des Rupertinum in Salzburg und von 2003-2005 Gründungsdirektorin des Museums der Moderne Salzburg. Von 2002 bis 2004 organisierte sie den Aufbau des Museums moderner Kunst Kärnten. 2007 übernahm Frau Dr. Husslein-Arco die Direktion der damaligen "Österreichischen Galerie" im Belvedere und eröffnete 2009 dort ein eigenes „Research Center“.

Mittwoch, 12. Jänner 2011: Generaldirektorin Dr. Sabine HAAG (Kunsthistorisches Museum, Wien): Die Kunst- und Wunderkammern der Habsburger und ihre Neuaufstellung

Die gebürtige Bregenzerin studierte Kunstgeschichte und Anglistik in Innsbruck und Wien. Ihre Diplomarbeit bei Prof. Heinz war ”Angelika Kauffmann als Por- trätistin” gewidmet. Die 1995 an unserem Institut abgeschlossene Dissertation ”Studien zur Elfenbein- plastik des 17. Jahrhunderts” wurde von Prof. Rosenauer und Doz. Prohaska betreut. Schon seit 1990 im Kunsthistorischen Museum tätig, wurde sie 1995 dort Kustodin der Kunstkammer sowie der Weltlichen und Geistlichen Schatzkammer. Seit 2007 Direktorin der Kunst- und Schatzkammer wurde sie am mit 1. Jänner 2009 zur Generaldirektorin des KHM mit MVK und ÖTM bestellt. Die wissenschaftlichen Interessen von Frau Dir. Haag gelten der österreichischen Barockskulptur und Sammlungsgeschichte sowie insbesondere den Materialien Elfenbein, Wachs, Bernstein und Holz.

Mittwoch, 19. Jänner 2011: Direktorin Mag. Karola KRAUS (Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig, Wien): Die Zukunft einer Illusion

Die neue Leiterin des MUMOK stammt aus dem Schwarzwald und wuchs als Tochter des Sammlerehepaares Grässlin auf. Sie studierte in Stuttgart sowie München Kunstgeschichte, Literatur und Archäologie. Ihre Magisterarbeit von 1990 hatte den Titel „Wols. Das Frühwerk im Vergleich zum Surrealismus“. Von 1991-96 war Frau Mag. Kraus für die Privatsammlung Daxer in München, dann für die Beuys-Schülerin Katharina Sieverding tätig. Von 1999-2006 leitete sie den Kunstverein Braunschweig, von 2006-10 die Staatliche Kunsthalle Baden-Baden. In Freiburg und Karlsruhe auch als Lehrbeauftragte tätig, hat sich Frau Dir. Kraus in Katalogen u.a. mit Malevitsch, Baselitz und dem modernen Selbstporträt beschäftigt.

Mittwoch, 26. Jänner 2011: Direktor Peter NOEVER (MAK - Österreichisches Museum für angewandte Kunst/Gegenwartskunst, Wien): bedingungslos

Der 1941 in Innsbruck geborene Peter Noever war Designer und ab 1975 Lehrbeauftragter an der Akademie der Bildenden Künste. 1986 wurde er zum Direktor des Österreichischen Museums für angewandte Kunst ernannt, das er von 1988-93 zum „MAK“ und „Museum für zeitgenössische Kunst“ umgestaltete. Im Jahre 2000 wurde er „Chief Executive Officer“ und „künstlerischer Leiter“ des aus der staatlichen Verwaltung entlassenen Museums und wird diese Funktion bis 2011 ausüben. 1994 gründete er das „MAK Center for Art and Architecture“ in Los Angeles. Von 1982-92 Herausgeber der Architekturzeitschrift Umriss betätigt sich Noever auch als Ausstellungsmacher und Autor von Büchern über Design, Architektur und Kunst sowie als Vortragender in Europa, Asien und den USA.

Friedrich Polleroß    Fotos: Albertina; Wolfgang Fuchs; Belvedere; KHM; MUMOK, Kar