Kyselak. Gabrielle Goffriller auf den Spuren der Biedermeier-Graffiti

Style-Writing und Taggen gelten gemeinhin als amerikanische (Un-)Sitten, mit denen in den letzten Jahren auch von europäischen Nachahmern Betonmauern und Eisenbahnwaggons ver(un)ziert wurden. Es gibt jedoch einen bekannten österreichischen Vorläufer, der schon in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts seinen Namen auf mittelalterliche Mauern gemalt und in pittoreske Felsen gemeißelt hat: Joseph Kyselak (1799-1831).
Diesem kuriosen Beamtensprayer und Reiseschriftsteller, der wie die modernen Tagger durch Hinterlassung seines Namenszuges an ungewöhnlichen Orten schon bei den Zeitgenossen zu „Fame“ gekommen ist, widmete sich unsere Absolventin Gabrielle Goffriller.
Die gebürtige Salzburgerin hat sich während ihres Studiums an unserem Institut vorwiegend mit der Kunst der Renaissance befasst. Ihre Diplomarbeit von 1997 war einer Handschrift des späten 16. Jahrhunderts mit Kaiserdarstellungen gewidmet, ihre 2008 bei den Professoren Rosenauer und Aurenhammer abgeschlossene Dissertation beschäftigte sich mit der Rezeption der "Naturalis Historia" des älteren Plinius in Gemälden der Neuzeit. In den letzten drei Jahren hat Gabriele Goffriller jedoch intensiv Leben und Wirken von Kyselak erforscht. Als Produkte entstanden gemeinsam mit Chico Klein eine Fernsehdokumentation unter dem Titel „Kyselak war da! Graffiti anno 1825“ sowie eine Neuausgabe der Kyselakschen „Skizzen einer Fußreise durch Österreich….“ von 1829 mit einer ausführlichen Einleitung. Das im Verlag Jung & Jung erschienen Buch wurde am 2. April 2009 in der Wiener Stadt- und Landesbibliothek der Öffentlichkeit vorgestellt. Eine eigene Homepage bietet auch den Lesern und Sehern die Möglichkeit, neue Funde von Inschriften oder Korrekturen nachzutragen.
Friedrich Polleroß
Foto: Gabriele Goffriller