Drittmittelmillionär: ERC-Starting Grant für Maximilian Hartmuth

Beim immer wichtiger werdenden Einwerben der Universitäten von Drittmitteln konnte Univ.-Ass. Dr. Maximilian Hartmuth einen besonders dicken Fisch an Land ziehen, nämlich ein „Starting-Grant“ des European Research Council (ERC). Es handelt sich dabei nicht nur um eine der wenigen in diesem Jahre verliehenen Nachwuchsförderungen, die an einem österreichischen Universitätsinstitut angesiedelt ist, sondern auch um das erste vom ERC geförderte kunsthistorisches Projekt in Österreich. Die Erforschung der „austro-islamischen" Architektur im späten Habsburgerreich wurde mit der Summe von 1,3 Millionen Euro für Personal- und Reisekosten sowie für die Finanzierung von Tagungen ausgestattet.

Im Zentrum des am Institut für Kunstgeschichte angesiedelten Großprojektes steht das wenig bekannte Erbe muslimischer Kult- und Bildungsbauten aus der Zeit österreichisch-ungarischer Herrschaft in Bosnien: 1878 beendeten österreichisch-ungarische Truppen vier Jahrhunderte osmanischer Herrschaft in Bosnien und der Herzegowina. Die neue Verwaltung bemühte sich nach anfänglichen Unklarheiten um ein Auskommen mit der etwa halben Million Muslime, die im Lande verblieben. Viele islamische Einrichtungen wurden renoviert oder revitalisiert. Häufig kam es zum völligen Neubau muslimischer Bethäuser oder Schulen.

Der Projektleiter, der Südosteuropaexperte Maximilian Hartmuth, verweist in diesem Zusammenhang auf einen äußerlichen Widerspruch, der die Ansiedlung des Projektes in Wien sinnvoll erscheinen ließ: "Dass deren Inschriften zuweilen auf osmanische Stiftungen verweisen, täuscht darüber hinweg, dass es sich bei ihrer Architektur um ein Phänomen der späten Habsburgerzeit handelt. Die Architekten und Planer ebendieser muslimischen Kult- oder Bildungsbauten erhielten ihre Ausbildung in der Monarchie, in der Regel in Wien." Gute Beispiele dafür sind die vom böhmischen Hansen-Schüler Karel Pařík 1887/88 auf Regierungskosten in Sarajevo errichtete Scheriatsrichter- schule oder das 1891-96 als Rathaus erbaute und spärer als Nationalbibliothek dienende Gebäude. Der Aufgabe entsprechend, verweist die Architektur der Kadi-Ausbildungsstätte in Sarajevo ebenso wie der Verwaltungs- bau auf islamische Traditionen und nur indirekt auf Wien.

Die Ausgangslage ist relativ schwierig. Denn abgesehen von der stilistischen bzw. kunstgeographischen Hybridität, fehlt es auch an Grundlagenforschung: Die Archive in Bosnien blieben bislang weitgehend unerforscht und viele außergewöhnliche Bauwerke wurden nie umfassend dokumentiert und einer kritischen Bauanalyse unterzogen. Maximilian Hartmuth ist als Assistent am Lehrstuhl für Islamische Kunst bestens dafür vorbereitet: bereits während seines Zivildienstes bzw. Studiums lebte er längere Zeit in Sarajevo und Belgrad, später viele Jahre in Istanbul. Dort beendete er 2011 an der renommierten Sabancı-Universität seine Dissertation über die sozialen und räumlichen Zusammenhänge des Kunstschaffens in den osmanischen Balkanprovinzen. Seit 2012 ist Hartmuth an der Universität Wien tätig und im Rahmen eines FWF-Drittmittelprojekts, das sich ab 2014 der früh- und mittelosmanischen Architektur Mazedoniens widmete, konnte er seine Expertise in diesem wenig behandeltem Forschungsfeld vertiefen. Beim neuen Projekt kann Hartmuth sein Interesse an der Architektur- geschichte des Balkans und Mitteleuropas mit den postkolonialen Diskursen und anderen interdisziplinären Fragestellungen verbinden. Die gute Dotierung bietet auch die Möglichkeit, ein mehrköpfiges Forschungsteam mit einer Netzwerkerweiterung in Richtung südöstliches Europa aufzubauen.

Friedrich Polleroß    Fotos: Maximilian Hartmuth, René Steyer