Eisblumen und Weihnachtssterne. Gedenkfeier für Michaela Krieger

Das Institut für Kunstgeschichte veranstaltete am 12. März 2008 in der Aula des Universitätscampus eine akademische Feier für Ao. Univ. Prof. Dr. Michaela Krieger, die am 27. Dezember 2007 verstorben ist. Damit sollte allen Institutsangehörigen, Kollegen und vor allem den Studierenden die Möglichkeit gegeben werden, noch einmal von Michaela Krieger Abschied zu nehmen und ihrer menschlichen und wissenschaftlichen Leistungen zu gedenken. Der Saal war ganz im Sinne der Verstorbenen mit zahlreichen Gestecken von Frühlingsblumen dekoriert worden, die ein Absolventenehepaar gestiftet hatte.
Eröffnet wurde die Veranstaltung durch das „Nocturne“ von Robert N. C. Bochsa (1789-1856), das von einem Flötentrio mit Lena Eichberger, Anita Hüttner und der Kunsthistorikerkollegin Cornelia Plieger einstudiert worden war.
O. Univ.-Prof. Dr. Michael Viktor Schwarz, der Dekan der Historisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät, verwies in seiner Gedenkrede auf die akademische „Universitas“, die nicht nur Professionalität und Passion miteinander verbinde, sondern aus Kollegen auch Freunde mache. Er bedauerte das Ende einer solchen professionellen Freundschaft mit Michaela Krieger, die eine wichtige Stütze des Mittelalterschwerpunktes des Instituts gewesen sei.
Ein prächtiger Weihnachtsstern im März hinter einem Fenster des zweiten Stockes war der erste Eindruck, den Institutsvorstand Univ.-Prof. Dr. Lioba Theis bei ihrer Ankunft am Universitätscampus vor drei Jahren wahrgenommen hatte. Als Gärtnerin dieser Pflanze habe sich dann Michaela Krieger vorgestellt, die der Neuankommenden auch gleich einen Ersatz für die den Übersiedlungstransport nicht überlebenden Pflanzen angeboten habe. Die gleiche liebevolle und erfahrene Sorge, die die Blumen zum Sprießen brachte, habe die Verstorbene auch ihren Studierenden angedeihen lassen. Als stellvertretende Institutsleiterin sei Prof. Krieger immer um Ausgleich und nüchterne Objektivität bemüht gewesen und werde daher dem Institut sehr fehlen. Um Blumen, allerdings um monochrome Eisblumen, ging es im Lied „Frühlingstraum“ aus dem Zyklus „Winterreise“ von Franz Schubert, das der Studienassistent und ehemalige Altenburger Sängerknabe Andreas Gamerith vortrug, am Klavier begleitet von Georg Gruber. Für kollegiale Hilfe sei in diesem Zusammenhang dem Institut für Musikwissenschaft gedankt.
Anschließend würdigte Ao. Univ.-Prof. Dr. Hans Aurenhammer ausführlich die wissenschaftlichen Verdienste von Michaela Krieger. Er erinnerte an die leidenschaftlichen Diskussionen, die Fairness der Kritik, die Klarheit der Texte und die Stringenz der Argumentation, die sie wohl auch ihrem Lehrer Gerhard Schmidt verdanke. Wissenschaftlicher Schwerpunkt der verstorbenen Kunsthistorikerin war die Grisaille, die sie von der Dissertation bis zu dem am Sterbebett abgeschlossenen Aufsatz der Grünewaldausstellung beschäftigt hat. Von einer konkreten Problemstellung ausgehend habe Krieger schon bevor dies ein wichtiger allgemeiner Forschungsansatz der Kunstwissenschaft wurde, die monochrome Malerei nicht als mittelalterliche Askese gedeutet, sondern als neuzeitliches Medien- und Kunstbewusstsein. Prof. Kriegers besondere Liebe galt der Stilanalyse und Buchmalerei um 1500, der vor allem die 2004 abgeschlossene Habilitation gewidmet war. Aber sie arbeitete auch über italienischer und englische Malerei des 17. und 18. Jahrhunderts, hielt Lehrveranstaltungen über asiatische sowie russische Kunst, und berücksichtigte den Genderaspekt in einem Aufsatz über Stifterinnen und Malerinnen. Der Versuch, die wahre Sicht der Dinge zu finden, sei – so schloss der Redner seine Ausführungen –nicht nur für das wissenschaftliche Interesse von Michaela Krieger an Schein und Sein der Grisaille ausschlaggebend gewesen, sondern wohl auch Ausdruck ihrer Persönlichkeit.
Die Wirksamkeit von Prof. Krieger als Lehrerin schilderte deren Dissertant Mag. Friedrich Prasek. Bildeten Motorrad und Sturzhelm sowie lebhafte Kritik die ersten Eindrücke des Studenten von der Verstorbenen, so lernte er im Laufe des Studiums ihre menschlichen Qualitäten und didaktischen Bemühungen umso mehr zu schätzen. Mit Zielstrebigkeit und Pflichtbewusstsein hätte sie schließlich auch den inoffizellen Wettlauf zwischen ihrer Habilitation und seiner Diplomarbeit für sich entschieden.
Nach dem „Schilflied“ von Felix Mendelssohn-Batholdy – wieder von Andreas Gamerith (Bariton) und Georg Gruber (Klavier) vorgetragen – las Ao. Univ.-Prof. Dr. Monika Dachs-Nickel zwei längere Passagen aus dem letzten Aufsatz von Michaela Krieger „Grünewald und die Kunst der Grisaille“, die noch einmal die Sorgfalt von der Analysen zeigten. In Abwandlung des Schlußsatzes möchte man sagen, nur eine Beschreibung, aber was für eine Beschreibung! Mit dem wieder vom Flötentrio Lena Eichberger, Anita Hüttner und Cornelia Plieger gespielten „Adagio“ von James Hook (1746-1827) klang die Gedenkfeier aus.
P.S. Als man anschließend in kleinem Kreis mit den Eltern und dem Lebensgefährten von Michaela Krieger beisammen saß, erzählte die Mutter, dass die verstorbene Kunsthistorikerin schon mit zehn Jahren ihren zukünftigen Beruf geübt hatte. Sie trug alle Kunstbücher des Hauses zusammen und schlug die Geburtsdarstellungen auf. Als ihre Mutter fragte, was sie denn da mache, sagte sie: „Ich vergleiche“. Kein Wunder, dass Prof. Walter Krause, der Begutachter der „Aufnahmearbeit“, der ersten selbständigen Studienarbeit von Michaela Krieger, seine Beurteilung mit den Worten schloss „Gute Augen!
Friedrich Polleroß
Foto: Karl Pani