Mschatta in historischen Fotografien

Ausstellung am Institut für Kunstgeschichte

Die vermutlich aus dem 8. Jahrhundert stammende Fassade des jordanischen Wüstenschlosses Mschatta, mit ihren einzigartigen vegetabilen und figürlichen Reliefs ein Meisterwerk frühislamischer Kunst, bildet heute das monumentale Kernstück des Museums für Islamische Kunst im Berliner Pergamonmuseum. Im Jahr 1903 kam sie als Geschenk des osmanischen Sultans aus der jordanischen Wüste nach Berlin.
Ihre Erwerbungsgeschichte begann jedoch schon früher. Um die Jahrhundertwende zirkulierte eine Serie von Fotografien der Fassade unter europäischen Archäo- logen und Kunsthistorikern. Mittels dieser Fotoserie gelang es dem österreichischen Kunsthistoriker Josef Strzygowski, damals Professor in Graz und von 1909 bis 1933 Ordinarius für Kunstgeschichte in Wien, viele Kollegen und schließlich sogar den deutschen Kaiser von der grundlegenden Bedeutung Mschattas zu überzeugen. Strzygowski sah in Mschatta eine Bestätigung seiner These, dass die abendländische Kunst des Mittelalters nicht nur auf Grundlage der mediterranen griechisch-römischen Kultur zu verstehen, sondern wesentlich von altorientalischen Einflüssen geprägt sei. Auch wenn er mit seiner Auffassung ein Außenseiter der Disziplin blieb, brachten die von Strzygowski dem Berliner Museumsdirektor Wilhelm Bode gezeigten Fotografien den Stein für den Erwerb der Fassade ins Rollen. Der Österreicher, der 1902 auch hunderte Kleinobjekte in Ägypten für die Berliner Museen angekauft hatte, hoffte damals wohl auf eine Berufung nach Berlin, die sich aber anscheinend nicht zuletzt aufgrund von Streitigkeiten um die Datierung von Mschatta zerschlug.
Fotografien spielten auch später eine wichtige Rolle in der archäologischen und musealen Rezeptions- geschichte Mschattas. Der Abbau der Fassade in Jordanien wurde ebenso dokumentiert wie der Bombentreffer im Pergamonmuseum im 2. Weltkrieg und die darauf folgende Restaurierung in den 1950er Jahren. Auch im Rahmen der immer wieder aufflammenden Rekonstruktions- und Präsentationsdebatten spielten Fotografien stets eine Rolle. Die Ausstellung "Mschatta im Fokus. Das jordanische Wüstenschloss in historischen Fotografien" zeigt ausgewählte Höhepunkte der fotografischen Biographie dieses herausragenden Monuments. Die Ausstellung in der Aula des Instituts für Kunstgeschichte wird bis 30. Juli 2015 zu sehen sein.
Die feierliche Eröffnung erfolgte am 29. April. Institutsvorstand Univ.-Prof. Dr. Markus Ritter begrüßte die Gäste auch in seiner Eigenschaft als Professor für islamische Kunstgeschichte, an der Spitze den Botschafter des Haschemitischen Königreiches Jordanien, und betonte die Eignung Wiens als Standort dieser Ausstellung: Berlin hat zwar das Monument, Wien aber Anteil an der frühen Wissenschaftsgeschichte zur Fassade und zur islamischen Kunstgeschichte. Schon 1875 sei hier nämlich ein „Orientalisches Museum“ errichtet worden, das später im heutigen MAK aufging. Und Josef Strzygowski, der unmittelbar nach der Übertragung 1904 die erste Monografie über Mschatta geschrieben hat, sei zwar „umstritten“, habe aber im Universitätsbereich als einer der ersten den Blick auf die islamische bzw. außereuropäische Kunst gerichtet. Auch heute gäbe es sowohl im Institut für Archäologie als auch im Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien Fachleute für die islamische Kunst Asiens, in unserem Institut etwa die AssistentInnen Nourane Ben Azzouna, Mattia Guidetti. und Ilse Sturkenboom. Der Dank galt allen MitarbeiterInnen und universitären Sponsoren des Projektes, vor allem aber den jordanischen Institutionen, die zur Finanzierung des Eröffnungsfestes beigetragen haben.
Dekanin  Univ.-Prof. Dr. Claudia Theune-Vogt begrüßte die Ausstellung als Gelegenheit, die Aktivitäten und Vernetzungen ihrer Fakultätsinstitute näher kennen zu lernen. Sozusagen als Dankeschön und Aufforderung zu weiteren Aktivitäten teilte sie den Zuhörern mit, dass die von unserem Institut beantragte Ausstattung der Aula mit Vitrinen für zukünftige Ausstellungen bewilligt worden sei. Univ.-Prof. Dr. Günther Schörner, Vorstand des Instituts für klassische Archäologie und damit Mitveranstalter der Ausstellung, bekundete seine Freude über die Kooperation der beiden Institute sowie innerhalb des Fakultätsschwerpunktes „Visuelle Kulturgeschichte - Kulturgeschichte des Visuellen".
Der Vize-Sprecher dieses Schwerpunktes, Univ.-Prof. Dr. Michael Viktor Schwarz, stellte schließlich die beiden Kuratorinnen der Ausstellung und Referentinnen des Vortrages „Die Mschatta-Fassade zwischen Wüste und Museum: Bilder einer Objektbiographie“ vor: Katharina Meinecke vom Institut für Klassische Archäologie der Universität Wien und Eva-Maria Troelenberg vom Kunsthistorischen Institut in Florenz. Die erstere war als Mitarbeiterin des Berliner Museums auf die Originalfotos gestoßen, da diese vielfach den ursprünglichen Zustand besser wiedergeben als die übertragenen Originalteile oder die vielfach zerstörten Reste in Jordanien. Bei der Suche nach weiterem Bildmaterial stieß man auch auf die Großbilddiapositive unseres Institutes, darunter auch sonst nicht vorhandene Aufnahmen – hatte doch Prof. Strzygowski offensichtlich die zur Reproduktion aus Berlin erbetenen Fotos nicht retourniert… Die auf die Mediengeschichte von Kunstfotografie und Ausstellungen spezialisierte Kollegin aus Florenz widmete sich der politisch bewegten Geschichte der Berliner Musealisierung vom Sultansgeschenk an Kaiser Wilhelm und der endgültigen Aufstellung im Museumsneubau 1932 über die Instrumentalisierung durch die Nationalsozialisten und die Beschädigung durch Bombentreffer 1944/45 bis zur kollektiven Renovierungsleistung der DDR. Alle diese Ereignisse sind durch Fotos dokumentiert und wurden im vergangenen Jahr publiziert.
Zur Erholung – das Klima im vollbesetzten Saal hatte sich fast dem in der jordanischen Wüste angenähert – gab es dann österreichischen Wein und arabische Musik des bekannten "Palästinensers aus Ottakring" Marwan Abado, der auf der Ud (orientalische Kurzhalslaute) spielte, darunter eine in Mschatta entstandene Eigenkomposition. Seine Exzellenz Hussam Al Husseini würdigte schließlich die Ausstellung, weil sie auf eines der „great monuments of human history“ hinweisen würde. Als Land am Schnittpunkt der Propheten Abraham, Moses, Jesus und Mohammed sei Jordanien reich an solchen Denkmälern der Menschheit und er freue sich über die Kooperation der Wiener Universität mit jordanischen Archäologen. Schließlich erklärte er die Ausstellung und das arabische Buffet für eröffnet!

Friedrich Polleroß   Fotos: Institut für Klassische Archäologie/ Kristina Klein, Barbara Flögel