Buchpräsentation: Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte Bd. 53

Wiener Schule - Erinnerung und Perspektiven


Im Jahre 2003 konnte das Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien seinen 150. Geburtstag feiern. Aus diesem Anlaß wurde von Univ.-Prof. Dr. Michael Viktor Schwarz eine internationale Tagung organisiert, die sich der Vergangenheit und Zukunft des Institutes und seiner Methoden gewidmet hat. Aus dieser Veranstaltung ging der jetzt erschienene Sammelband "Wiener Schule -  Erinnerung und Perspektiven" hervor.

Am 18. Oktober 2005 wurde das Buch am Institut für Kunstgeschichte feierlich vorgestellt. Nach der Begrüßung durch den Institutsvorstand Univ.-Prof. Dr. Hellmut Lorenz und die Verlagsleiterin Dr. Eva Reinhold-Weisz sprach Univ.-Prof. Dr. Michael Viktor Schwarz über "Übermalungen und Remakes. Stil als Medium" anhand der Vergleiche der Filme "Der Himmel über Berlin" von Wim Wenders (1987) und "City of Angels" von Brad Silberling (1998) sowie zweier Sieneser Madonnen des 13. Jahrhunderts.

An der Veranstaltung, die vom Vienna Vocal Consort der Universität Wien unter der Leitung von Vijay Upadhyaya musikalisch umrahmt wurde, nahmen auch der Dekan der Historisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät, Univ.-Prof. Dr. Alfred Kohler, der Mitherausgeber der Reihe und Präsident des Bundesdenkmalamtes Dr. Wilhelm G. Rizzi sowie die ausländischen Autoren Prof. Dr Ján Bakos von der Universität Bratislava, Prof. Dr. Werner Hofmann aus Hamburg und Dr. Dorothea McEwen vom Warburg Institut in London teil. Bei Wein und Brötchen ergab sich anschließend ein reger Gedankenausstausch und es entstanden Ideen für neue Projekte. Sponsoren der Veranstaltung waren die Kunsthandlung Giese & Schweiger, die Museumsplaner Bogner.Knoll, die Galerie 16, der Böhlauverlag sowie die Rahmenhandlung Art & Frame.

Wiener Schule - Erinnerung und Perspektiven

Ein Schwerpunkt des Buches liegt in der Aufarbeitung der Institutsgeschichte in den Jahren 1934-45 sowie im Blick auf die über 35 Wiener Emigranten der Kunstgeschichte. Hans H. Aurenhammer (Wien) geht der Frage "Zäsur oder Kontinuität?" nach und behandelt vor allem die Person des damaligen Institutsvorstandes Hans Sedlmayr (1896-1984). In diesem Rahmen werden auch Sedlmayrs Beteiligung an einem urbanistischen Wienprojekt des Jahres 1939 sowie die später im bekannten Werk "Verlust der Mitte" gipfelnde Kritik an der Moderne analysiert. Diesem nach seiner Wiener Entlassung 1945 in München und Salzburg lehrenden Kunsthistoriker sind auch Beiträge von seinem Schüler Thomas Zaunschirm (Essen) sowie von Benjamin Binstock (New York) gewidmet. Den teilweise lang zurückliegenden sowie durch Studenten und Emigranten vermittelten, teilweise durch späte Übersetzungen relative jungen Einfluß der Wiener Kunstgeschichte auf Ostmitteleuropa, Großbritannien und die USA belegen die Beiträge von Ján Bakos (Bratislava), Károly Kókai (Budapest), Dorothea Mc Ewan (London), Michael Podro (Colchester) und Christopher S. Wood (New Haven). Tatsächlich gehörte die Wiener Schule der Kunstgeschichte zu den wichtigsten Methodenschmieden deutschsprachiger kulturwissenschaftlicher Forschung im 20. Jahrhundert.
Der Großteil der Beiträge des Bandes geht daher der Frage nach, welche Aspekte der Wiener Schule aus wissenschaftsgeschichtlicher Sicht besonders erinnerungswürdig und welche noch immer oder wieder zukunftsfähig sind. Dabei ist insbesondere die zunehmende Rolle des Visuellen und des Medialen in der Gegenwartskultur zu erwägen, Phänomene, die mit Wiener Werkzeugen vertieft diskutiert werden können: Werner Hofmann (Hamburg) betont die Bedeutung der Wiener Schule aufgrund ihrer Ambivalenz zwischen Spezialforschung sowie Universalgeschichte und Hans Körner (Düsseldorf) untersucht diese Methode anhand des um 1900 auch die aktuelle Kunst(diskussion) beherrschenden Ornamentes. Ulrich Rehm (Bonn) hebt die Leistungen für die Erzählforschung hervor und Beat Wyss (Karlsruhe) analysiert den philologisch-historischen Ansatz von Julius von Schlosser. Michael Viktor Schwarz (Wien) widmet sich den in Wien besonders intensiv diskutierten "Stilfragen" und deren Anwendung auf moderne Medientheorien, während Viktoria Schmidt-Linsenhoff (Trier) die Beschäftigung der feministischen Kunstwissenschaft mit den 1934 von den Wienern Otto Kris und Ernst Kurz edierten Künstlerlegenden beleuchtet.

Die Autoren: Michael Viktor Schwarz und Werner Hofmann, Ján Bakos und Hans Aurenhammer sowie Dorothea McEwan

Das Buch ist im Böhlau-Verlag erschienen, hat 260 Seiten, 75 Abbildungen und kostet 49 Euro. Es handelt sich dabei um den 53. Band des traditionellen, vom Wiener Institut gemeinsam mit dem Bundesdenkmalamt herausgegebenen Wiener Jahrbuches für Kunstgeschichte, das aber diesmal einer graphischen Neugestaltung unterzogen wurde.