Druckerschwärze und Pinselfarbe. Internationaler Workshop zur Buchmalerei in Inkunabeln

Vom 14. bis 16. September 2007 fand am Institut für Kunstgeschichte ein internationaler Workshop über Buchmalerei in Inkunabeln statt, der von Dr. Christine Beier und Dr. Susanne Rischpler von der am Institut für Kunstgeschichte angesiedelten Bibliotheksstiftung Otto Pächt organisiert worden war. Ziel der Tagung war es, einen Beitrag zur Erschließung des umfangreichen und bedeutenden Materials an gemaltem Schmuck in den ersten gedruckten Büchern zu leisten. Aufgrund der historischen Übergangssituation, in der diese Malereien entstanden sind - zwischen Mittelalter und Neuzeit, mitten im Medienwechsel vom handgeschriebenen zum gedruckten Buch – gerieten sie aus dem Blickwinkel der verschiedenen Forschungsrichtungen, deren Aufmerksamkeit entweder dem Mittelalter oder der Neuzeit, der Handschrift oder dem gedruckten Buch gilt. Dennoch gibt es inzwischen mehrere Forscher, die sich mit dem Buchschmuck in gedruckten Büchern in den Niederlanden, Deutschland, Österreich, Frankreich, Italien und Spanien beschäftigen. Das Material ist von diesen Referenten aus verschiedenen Perspektiven untersucht worden, sodass im Verlauf des Arbeitstreffens nicht nur ein Eindruck von der Buchmalerei in Inkunabeln in einigen europäischen Kunstlandschaften entstanden ist, sondern auch die Vielzahl der Methoden und Fragestellungen auf diesem Forschungsgebiet deutlich wurde. Nach der Eröffnung der Tagung durch Dekan Prof. Michael Viktor Schwarz und der Begrüßung durch Institutsvorständin Prof. Lioba Theis sprachen Dagmar Thoss (Wien/Paris) über die flämische Buchmalerei in gedruckten Büchern unter stilistischem Gesichtspunkt (Niederländische Buchmalerei und frühe Drucke) und der niederländische Literaturwissenschafter Wim Gerritsen (Utrecht) über ikonographische Fragen (Rubrizierung und Buchschmuck in einem Genter Boethius-Druck von 1485). Gisela Gerritsen (Utrecht) führte den Motivreichtum des Fleuronnées aus Utrecht vor und zeigte, dass bei genauer Analyse dieser Formen in vielen Fällen eine sehr genaue Bestimmung des Entstehungsortes dieser Zierinitialen möglich ist (Utrechter Fleuronnée in Inkunabeln aus Utrecht, Mainz, Venedig usw.). Wie klösterliche Buchmaler und Floratoren im deutschsprachigen Gebiet bei der Ausstattung ihrer Handschriften und Inkunabeln vorgingen, ist in den Vorträgen von Katharina Hranitzky (Universität Wien) über das Benediktinerstift Garsten in Oberösterreich (Buchschmuck in Linzer Inkunabeln, insbesondere aus Garsten) und von Christine Beier über das Augustiner-Chorherrenstift Eberhardsklausen in Rheinland-Pfalz (Handschriften und Inkunabeln aus Eberhardsklausen bei Trier. Buchherstellung und  -ausstattung in einem Kloster der Windesheimer Kongregation) deutlich geworden. Die Dissertantin Michaela Schuller (Universität Wien) hat in ihrem Vortrag die Produktion des Salzburger Buchmalers Ulrich Schreier und dessen Kundschaft vorgestellt (Die Arbeit des Salzburger Buchkünstlers Ulrich Schreier im Übergang von der Handschrift zum gedruckten Buch). Das besonders reiche Material an gedruckten französischen Stundenbüchern mit aufwändiger Ausstattung ist in drei Vorträgen unter verschiedenen Gesichtspunkten analysiert worden: Einen Überblick hat Mara Hofmann (National Gallery London) geboten (Zum Einsatz von Farbe in französischen Stundenbüchern der Inkunabelzeit), einzelne wichtige Probleme vor allem formaler Art hat Caroline Zöhl (FU Berlin) erläutert (Gemalter Inkunabeldekor und Buchmalerei in Paris bis um 1500), während sich Wolfgang Augustyn (Leiter des Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte, Zentralinistitut für Kunstgeschichte München) zu inhaltlichen Aspekten am Beispiel der Ikonographie der Sibyllen geäußert hat (Eine französische Bildtradition zu den Sibyllen und ihre Überlieferung in Handschriften und Drucken bis ins 16. Jahrhundert). Einen Einblick in die Bedingungen, unter denen die ersten spanischen Buchdrucker tätig waren, hat der Vortrag von Carmen Aljibe (Universidad Católica de Valencia) gewährt (Die ersten Drucker in Nordspanien), und Ulrike Bauer-Eberhardt (Bayerische Staatsbibliothek München) vermittelte am Beispiel der qualitätvollen Sammlung an illuminierten Inkunabeln in der Bayerischen Staatsbibliothek einen Eindruck von der venezianischen Buchmalerei in frühen Drucken (Serienprodukt oder Unikat? Buchmalerei in venezianischen Inkunabeln). Karl-Georg Pfändtner (ebendort) erläuterte schließlich an ausgewählten Beispielen die Umstände, die zur Herstellung von illuminierten Inkunabeln führten (Masse exklusiv. Fragen zu Funktion und Gebrauch illuminierter Inkunabeln und Drucke des frühen 16. Jahrhunderts). Der Vortrag von Eberhard König (FU Berlin) hat aus dem Spätmittelalter herausgeführt, denn es ging um die Verschleierung von Provenienzen durch Zerlegung und Neubindung von mehreren Ausgaben der 1462 vom Gutenbergmitarbeiter Peter Schöffer gedruckten „48-zeiligen Bibel“ um 1800 und die Möglichkeit der Rekonstruktion des ursprünglichen Zustandes dieser Bücher mit Hilfe kunsthistorischer Untersuchungsmethoden (Pariser Inkunabelpflege um 1800: Exemplare der B 48 aus aller Welt).

Christine Beier/ Friedrich Polleroß

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