Barocker Rationalist und forschender Lehrer: 65. Geburtstag von Hellmut Lorenz

Mitte Juni 2007 feierte Univ.-Prof. Dr. Hellmut Lorenz, Ordinarius am Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien, seinen 65. Geburtstag. Der gebürtige Wiener hat an der Universität Wien Kunstgeschichte, Germanistik und Archäologie studiert. 1972 wurde er mit einer Arbeit über den Renaissancearchitekten Leon Battista Alberti promoviert. Noch im selben Jahr hat er eine Assistentenstelle bei Univ.-Prof. Dr. Renate Wagner-Rieger angetreten. Seine 1983 abgeschlossene Habilitationsschrift galt dem 1690 bis 1705 in Österreich, Tschechien sowie Deutschland tätigen italienischen Architekten Domenico Martinelli (1650-1718) und wurde 1991 von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften publiziert. Diese Arbeit hat den Blick von Hellmut Lorenz auf den mitteleuropäischen Barock und Fragen des künstlerischen Austauschs gelenkt - Themen, die Forschung und Lehre des Jubilars bis heute nachhaltig bestimmen. Im Anschluss an eine Gastprofessur in Salzburg wurde Hellmut Lorenz 1985 an die Freie Universität Berlin berufen. Die hier einsetzende intensive Auseinandersetzung mit der Baukunst des 17. und 18. Jahrhunderts in Brandenburg, fand in zahlreichen Publikationen ihren Niederschlag. Durch die überregionale Sichtweise geben sie der Berliner Barockforschung nach wie vor wichtige Impulse.
Mindestens ebenso wichtig wie die sich in zahlreichen Publikationen  manifestierende Forschung war und ist Hellmut Lorenz jedoch die Lehre. Wohl eine Praxis und Methode seiner Lehrerin Renate Wagner-Rieger aufgreifend hat Hellmut Lorenz bereits in Berlin als "forschender Lehrer" zusammen mit Studierenden Publikationen realisiert, wie etwa die Edition der "Zeichnungen und Notizen aus dem Reisetagebuch des Architekten Christoph Pitzler (1657-1707)" und das große -  zusammen mit Peter-Michael Hahn (Universität Potsdam) herausgegebene -  Werk über die "Herrenhäuser in Brandenburg und der Niederlausitz".
Seit Oktober 1997 lehrt und forscht Hellmut Lorenz wieder in Wien, wo er den eingeschlagenen Weg fortsetzt. Adelskultur und Residenzenforschung im mitteleuropäischen Kontext gehören nach wie vor zu seinen wichtigsten Arbeitsgebieten. Einer größeren Öffentlichkeit wurde der Kunsthistoriker als Herausgeber des Bandes "Barock" in der Reihe "Geschichte der Bildenden Kunst in Österreich" (1999) bekannt. Zuletzt erschien das -  zusammen mit Huberta Weigl - herausgegebene Buch "Die Kupferstiche von Joseph Emanuel Fischer von Erlach und Johann Adam Delsenbach", das ebenfalls aus einem Forschungsseminar hervorgegangen ist.
Charakteristisch für Hellmut Lorenz ist die unvoreingenommene Betrachtung der Objekte in klassischer Tradition der "Wiener Schule der Kunstgeschichte". Die historischen Rahmenbedingungen sind stets selbstverständlicher Teil seiner Überlegungen, und dies gilt auch für jene der Kunstgeschichtsschreibung. Hellmut Lorenz hat daher nicht nur das Klischee von "Zentrum" (Wien, Kaiser) und "Peripherie" (Provinzen, Adel) kritisch hinterfragt, sondern auch "Führerstil" und Staatsvertragspatriotismus der Barockforschung der 1940er und 1950er Jahre angeprangert.
Schon von seiner Tätigkeit als erster Studentenvertreter des Instituts für Kunstgeschichte im Jahre 1968 an engagierte sich Hellmut Lorenz immer wieder auch im Dienste seiner Kollegen und der Allgemeinheit. Neben mehrfacher Funktion als Institutsvorstand wirkte er 2001 bis 2005 als Vertreter der Universitäten auch im Österreichischen Kunsthistorikerverband mit. Seit 1999 gehört der Architekturhistoriker dem Österreichischen Denkmalbeirat an, und gegenwärtig ist Hellmut Lorenz u.a. am Projekt zur Erforschung der Wiener Hofburg der Kommission für Kunstgeschichte der Österreichischen Akademie der Wissenschaften beteiligt.


Friedrich Polleroß