100 Jahre Fotosammlung zur Weltkunst am Institut für Kunstgeschichte


Am 10. April wurde im Österreichischen Museum für Volkskunde in der Laudongasse die Sonderausstellung „Gelehrte Objekte? – Wege zum Wissen“ von Vizerektorin Susanne Weigelin-Schwiedrzik eröffnet. Dabei handelt es sich um eine Präsentation mehrerer an unserer Fakultät erhaltener, großteils historischer Sammlungen. Diese universitären Bestände gerieten in den letzten Jahren verstärkt in den Blick der Öffentlichkeit. Erwähnt sei etwa die Berliner Tagung „Sammeln und Bewahren, Erforschen und Zurückgeben - Human Remains aus der Kolonialzeit in akademischen und musealen Sammlungen“. Im Unterschied zu den in Museen eingelagerten Objekten handelt es sich dabei zumeist um Resultate aus Forschungsprozessen und Vermittlungsarbeit, die daher besonders zeitbezogen und wissenschaftsgeschichtlich interessant sind.

Die Wiener Ausstellung versammelt erstmals eine Auswahl der Bestände der Historisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien und wurde von Mag. Matthias Beitl, dem interimistischen Leiter des Museums, kuratiert sowie gemeinsam mit den SammlungsleiterInnen vorbereitet. An unserem Institut waren dies Dr. Martin Engel (Foto- und Originalsammlung), Dr. Friedrich Polleroß (Gipsabguss- und Diasammlung) und Dr. Verena Widorn (Western Himalaya Archive Vienna). Die SammlungsleiterInnen steuerten auch Beiträge für den Katalog bei. Im Falle der Kunstgeschichte handelt es sich um einen Aufsatz unter dem Titel „Vom Gipsabguss zum Digitalbild: Visuelle Hilfsmittel in der Kunstgeschichte“. Bei der Umsetzung der Ausstellung wirkte auch eine Absolventin unseres Institutes, die Kunstvermittlerin Andrea Hubin, mit.
Innerhalb der ausgestellten Sammlungen lassen sich im Wesentlichen drei Kategorien unterscheiden. Zunächst handelt es sich um Originalobjekte, die im Lehrbetrieb für praktische Übungen Einsatz fanden und finden. Dies gilt vorwiegend für die Sammlungen der Ägyptologie, Archäologie, Ur- und Frühgeschichte sowie Numismatik. Einen zweiten Bereich bilden schriftliche und bildliche „Nachlässe“, die entweder historische Fachbereiche eines Institutes betreffen, wie es z.B. auch für das Archiv unseres Institutes gilt; andererseits fremde Bestände, die mit dem Aufbau neuer Forschungsschwerpunkte gesammelt wurden wie die Archivalien des Instituts für Zeitgeschichte, das Archiv griechischer Spielfilme des Instituts für Neogräzistik oder die lebensgeschichtlichen Aufzeichnungen am Institut für Geschichte. In diesem Zusammenhang sind weiters das umfangreiche Fotoarchiv der Österreichischen Gesellschaft für Zeitgeschichte, aber auch das Western Himalaya Archive unseres Institutes zu nennen. Eine dritte Gruppe umfasst schließlich Lehrmittel und didaktische Sammlungen. Dies gilt etwa für die Reproduktionen – Gipsabgüsse, Druckgraphik und Fotografie – der Kunstgeschichte und Archäologie.

Diese Medien wurden ebenfalls erst in den letzten Jahren wieder verstärkt historisch beleuchtet. Das Interesse einer jungen Forscherin wandte sich vor kurzem auch der Sammlung asiatischer Bildquellen an unserem Institut zu – genau 100 Jahre nach ihrer Entstehung. Der 1909 von Graz an die Wiener Universität berufene Josef Strzygowski hatte nämlich als Basis fürs seine weit nach Asien reichenden Forschungen 1912 Außenstellen unseres Instituts in Teheran und Peking geplant. Dazu kam es zwar nicht, aber 1913/14 wurde eine Fotoexpedition nach Japan gestartet, die zunächst von zwei Studenten betrieben wurde. Der schließlich allein verantwortliche Karl With fotografierte zahlreiche buddhistische Skulpturen, die das Material seiner Dissertation bildeten und 1919 in der Reihe „Arbeiten des Kunsthistorischen Institutes“ unter dem Titel „Buddhistische Plastik in Japan bis in den Beginn des 8. Jahrhunderts n. Chr.“ veröffentlicht wurden. Marie Yasunaga, eine Dissertantin der Universität Tokyo und zur Zeit Fellow am Getty Research Institute in Los Angeles – widmet sich nun in ihrer Dissertation „Toward the Ideal of the Art Museum for ‘World Culture’” auch der Person von Karl With und seiner Tätigkeit als Direktor des Folkwang Museums in Essen bzw. des Kunstgewerbemuseums in Köln. In diesem Zusammenhang interessiert sie auch der Verbleib der Glasnegative dieser Fotokampagne bzw. der Originalfotos. Exemplare solcher Fotos haben sich sowohl an unserem Institut als auch im Nachlass von With, der zuletzt an der University of California in Los Angeles unterrichtete, am Getty Institute erhalten.

 



Friedrich Polleroß   Fotos: Museum für Volkskunde, Friedrich Polleroß, UNIDAM