Kunstgeschichte und Massenmedien

Damit Kunsthistoriker in den Schlagzeilen von Tageszeitungen landen, bedarf es schon besonderer Entdeckungen wie der Zuschreibung eines unbekannten Gemäldes an Tizian durch unseren Emeritus Artur Rosenauer. Die Zahl unserer Absolventinnen, die sozusagen auf der anderen Seite, d.h. in den Redaktionsstuben arbeiten, ist hingegen wesentlich größer. Um 1910 war es üblich, dass Professoren des Institutes wie Josef Strzygowski regelmäßig in der Presse über aktuelle Kunst berichteten, z.B. über den Architektenwettbewerb zum Neubau des Historischen Museums der Stadt Wien auf der Schmelz. Um 1990 bildeten Rüdiger Engerth (Kurier) und Brigitte Borchhardt-Birbaumer (Wiener Zeitung) lange Zeit Einzelfälle in dieser Sparte. Doch in den letzten Jahren konnten sich Absolventen unseres Institutes auch in zahlreichen anderen Zeitungen und PR-Abteilungen etablieren, z.B. Almuth Spiegler in „Die Presse“, Michaela Strebl-Pühringer als Marketingleiterin des Dorotheum, oder Margareta Sandhofer im Internetjournal „Artmagazine“. Und Stefan Bauer, der die Homepage der Studierendenvertretung geschaffen hat,
arbeitet inzwischen in seiner eigenen Corporate Design Agentur.

Das Medium Film wurde ebenfalls sehr früh an unserem Institut wissenschaftlich behandelt. Schon 1932 vergab Prof. Strzygowski an Georg Hoppe das Thema "Film und bildende Kunst" für eine Dissertation. Das Medium galt aber lange und fälschlich als missachtet, obwohl in den letzten Jahrzehnten u.a. Prof. Friedrich Teja Bach, die Documenta-Kuratorin Ruth Noack  oder die jetzt an der Angewandten lehrende Edith Futscher einschlägige Seminare angeboten haben. Eine Besonderheit sind hingegen Kunsthistoriker, die praktisch oder als wissenschaftliche Berater ins Filmgeschäft eingestiegen sind. Der Regisseur Michael Kreihsl hat zwar sein Studium nicht abgeschlossen, aber sein kunsthistorisches Wissen und die Anfängerübungen im Kunsthistorischen Museum im Film „Heimkehr der Jäger“ (2000) verarbeitet. Als Dokumentarfilmer hat sich Johannes Holzhausen international einen Namen gemacht. Sein aktueller Film ist ebenfalls dem Kunsthistorischen Museum gewidmet und soll einen Blick hinter die Kulissen der Institution bieten.

Doch auch in der jüngeren Generation unserer Studierenden gibt es schon einen „Filmfachmann“, nämlich Hanns-Paul Ties. Der 1979 in Meran geborene Kunsthistoriker war von Beginn an mehrfach- und hochbegabt. Schon während seiner Schulzeit studierte er Orgel und Orgelkomposition. Das 1998 an unserem Institut begonnene Kunstgeschichtestudium schloss er 2006 mit der ausgezeichneten Diplomarbeit "Altdorfers 'Lot und seine Töchter' – Romaninos Wandmalereien im Castello del Buonconsiglio in Trient, Studien zu 'Liebestorheit' und 'Weiberlisten' in der mitteleuro- päischen Malerei der 1530er Jahre" bei Prof. Rosenauer ab. Ein Teil wurde im Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte veröffentlicht. Nach einem Studienkurs an der Bibliotheca Hertziana (Max-Planck-Institut für Kunstgeschichte) begann Ties 2007 sein Doktorats- studium am Kunsthistorischen Seminar der Universität Basel im Rahmen des vom Schweizerischen Nationalfonds geförderten Pro*Doc Graduiertenkollegs „Kunst als Kulturtransfer seit der Renaissance“ zum Thema "Der Maler Bartlmä Dill Riemenschneider als Agent des Kulturtransfers zwischen Süddeutschland und Oberitalien im Zeitalter von Renaissance und Reformation" bei Univ.-Prof. Dr. Andreas Beyer. Nebenbei erwarb er sich in vielen Bereichen eine Berufspraxis, als Tutor an unserem Institut, als Fremdenführer und Journalist sowie seit 2010 als Assistent am Institut für Kunstgeschichte der Ludwig-Maximilians-Universität München bei Univ. Prof. Dr. Ulrich Pfisterer. Ein Schwerpunkt seiner Tätigkeit war außerdem das Verfassen von Drehbüchern und Texten zu einer Reihe von Fernsehdokumentationen zur Südtiroler (und mitteleuropäischen) Kunstgeschichte im Auftrag der RAI Sender Bozen: „ephas – Petrus – Fels, Die Bergkirchen des Heiligen Petrus in Tirol“ (1999); „Carl Henrici (1737-1823) – Eine Bozner Malerkarriere“, (2003); „Meister Leonhard von Brixen – Malerei und Skulptur der Spätgotik“ (2004); „Johann Evangelist Holzer (1709-1740) – Der virtuose Kunstmahler von Burgeys“ (2004); „Bartlmä Dill Riemenschneider – Malerei zwischen Renaissance und Reformation“ (2005); „Ulrich Glantschnigg (1661-1722) – Frömmigkeit und ‚Alltag’ in der Bozner Barockmalerei“ (2005); „Kirchliche Kunst in Taufers im Münstertal“ (2006); „Der Maler Josef Haller und die barocke ‚Passeirer Kunstschule’“ (2006); „Johann Georg Plazer (1704-1761) – Ein Eppaner Maler im barocken Wien (2007)“, „Simon von Taisten – Sakrale Kunst im Land des letzten Görzer Grafen“ (2010) sowie „Der tüchtigste Maler Tirols“ – Rudolf Stolz in Innsbruck und Kufstein (2011). Im letzten Ties-Film „Paul Troger (1698-1762) – Ein Welsberger Maler im barocken Europa“ (2012) kamen auch unsere Absolventen Johann Kronbichler und Andreas Gamerith als Trogerspezialisten zu Wort.

 



Friedrich Polleroß    Fotos: UNIDAM, Friedrich Polleroß, Internet