Der Anfang vom Ende. Erster Band der Hofburg-Pentalogie erschienen


Das seit mehreren Jahren unter der Leitung unseres Emeritus Artur Rosenauer arbeitende Forschungsprojekt der Österreichischen Akademie der Wissenschaften zur Bau-, Ausstattungs- und Nutzungsgeschichte der Wiener Hofburg geht dem Ende zu. Als erster von fünf geplanten Bänden wurde der von Univ.-Doz. Dr. Werner Telesko herausgegebene Band Die Wiener Hofburg 1835–1918. Der Ausbau der Residenz vom Vormärz bis zum Ende des „Kaiserforums“ fertig gestellt und am 7. November in den Räumen der Präsidentschaftskanzlei im Leopoldinischen Trakt der Hofburg der Öffentlichkeit präsentiert.

Der Veranstaltungssaal am Ende der Enfilade der ehemaligen kaiserlichen Wohnung war bis auf den letzten Platz gefüllt. Bundespräsident Dr. Heinz Fischer begrüßte die Gäste und gab einen kurzen Einblick in die Anfänge der Präsidentschaftskanzlei in der Hofburg. Es war Karl Renner gewesen, der sich wenige Wochen vor seiner Wahl 1945 den Leopoldinischen Trakt als Residenz des künftigen Präsidenten ausgesucht hatte, während Bundeskanzler Raab die Palais Auersperg, Kinksky oder Trautson vorgeschlagen hatte. Der Herr Bundespräsident berichtete weiters von dem im zweiten Geschoss eingerichteten Museum der Republik, das bald wieder weggeräumt wurde und leider noch immer keine Nachfolge gefunden habe.

Dann stellte der Vizepräsident der ÖAW, emer. Univ.-Prof. Dr. Arnold Suppan, das Projekt vor und dankte allen Beteiligten und den Sponsoren. Der Reihenherausgeber Artur Rosenauer schilderte die Genese des Projektes – anlässlich des Hofburgbrandes 1992 war die Frage aufgetaucht, ob bzw. warum es keine vernünftige Publikation über die Hofburg gäbe. Das Projekt sei in der ÖAW zunächst allerdings nicht nur auf Zustimmung gestoßen, aber komme nun zu einem erfolgreichen Ende. Der Dank gebühre neben zahlreichen kooperierenden Institutionen wie der Präsidentschaftkanzlei vor allem den Hauptautoren des Bandes, Werner Telesko und Richard Kurdiovsky. Der Herausgeber Werner Telesko skizzierte abschließend die drei Schwerpunkte des vorliegenden Bandes: das Neorokoko unter Kaiser Ferdinand I., die Planung des Kaiserforums sowie die Innenraumgestaltung der neuen Hofburgbereiche. Grundsätzlich sei die Hofburg wie eine Stadt in der Stadt mit Schaufassaden, aber auch Durchlässigkeit in alle Richtungen angelegt.

Der von Musik umrahmte Festakt wurde mit einem Empfang beendet. Unter den zahlreichen Gästen befanden sich auch Prof. Dr. Mario Schwarz, Univ.-Doz. Dr. Herbert Karner und emer. Univ.-Prof. Dr. Hellmut Lorenz – die Herausgeber dreier weiterer Teilbände – aber auch unser Institutsvorstand Univ.-Prof. Dr. Raphael Rosenberg sowie dessen Stellvertreter Univ.-Prof. Dr. Sebastian Schütze.

Das neue Buch enthält Beiträge von Elfriede Iby, Richard Kurdiovsky, Jochen Martz, Andreas Nierhaus, Bernadette Reinhold, Dagmar Sachsenhofer und Werner Telesko. Es umfasst 544 Seiten mit zahlreichen Farb- und SW-Ab-bildungen. Das Hofburg-Buch ist wie die ganze geplante Serie ein lang erwartetes Standardwerk zur Bau-, Ausstattungs- und Nutzungsgeschichte der Wiener Hofburg. Der Band ist durchgängig in Farbe gedruckt und enthält wohl auch das wichtigste Bildmaterial zum Thema. Neben der Hofburg im engeren Sinne werden auch dazugehörige bzw. benachbarte Bauten wie die Hofmuseen, die Winterreitschule oder die Hofoper sowie die Denkmäler des Areals behandelt. Überblickskapitel behandeln die Stellung der Hofburg im europäischen Kontext, ihre Wahrnehmung in der Literatur, das Zeremoniell und das stilistisch-politische Phänomen des Neubarock. Der höchst wichtige Band ist und auch als Weihnachtsgeschenk für Habsburg- und Historismusfans bestens geeignet! Die weiteren Bände der Reihe sollen in den Jahren 2013 und 2014 erscheinen.

Schon wenige Monate zuvor hatte Herausgeber Werner Telesko ein eigenes Buch über die bildliche Repräsentation und das Nachleben Maria Theresias in Kunst und Politik vorgelegt, wo ebenfalls der Schwerpunkt auf dem 19. Jahrhundert liegt, als die Kaiserin bzw. Königin als Landesmutter des Vielvölkerstaates propagiert und im Bereich der Kaiserforums mit dem größten Denkmal des Ringstraßenareals gewürdigt wurde.
Friedrich Polleroß   Fotos: Friedrich Polleroß, Verlage