90. Geburtstag von Emer. Univ.-Prof. Dr. Hermann Fillitz

Am 20. April 2014 konnte unserer Emeritus Hermann Fillitz seinen 90. Geburstag feiern. Er war und ist eine der markantesten Persönlichkeiten des österreichischen Kulturlebens in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts: von 1958 bis 1964 leitete er die Kunst- und Schatzkammer des Kunsthistorischen Museums und von 1965 bis 1967 das Österreichische Kulturinstitut in Rom. Von 1967 bis 1974 wirkte Hermann Fillitz als Professor für Kunstgeschichte an der Universität Basel und von 1974 bis 1994 als Ordinarius an unserem Institut. Daneben war er von 1982 bis 1990 als Erster Direktor und Leiter der Gemäldegalerie des Kunsthistorischen Museums. In diesen Funktionen regte er nicht nur zahlreiche Projekte an, sondern meldete sich auch immer wieder in der Öffentlichkeit kritisch zu Wort. Anlässlich des runden Geburtstages richtete daher der österreichische Bundespräsident ein Glückwunschschreiben an den Jubliar, und es wurden auch mehrere Feiern veranstaltet. Schon am  23. April feierte die Akademie der Wissenschaften den langjährigen Leiter der Kommission für Kunstgeschichte (1984-1999) und am 24. April wurde im Kunsthistorischen Museum in Anwesenheit der Gattin des Bundespräsidenten, Frau Margit Fischer, das Porträt des früheren Direktors von der Hand unserer Professorin Martina Pippal feierlich übergeben.     

Diese Schülerin und Assistentin von Prof. Fillitz initiierte auch fünf Jahre nach der letzten Geburtstagsfeier einen Erinnerungsabend an unserem Institut, der am 9. Mai im vollbesetzten Seminarraum 1 stattfand. Institutsvorstand Univ.-Prof. Dr. Raphael Rosenberg begrüßte die Festgäste und verwies zunächst auf die Forderung unseres Gründungsvaters Rudolf Eitelberger von Eitelberg, dass jeder Professor für Kunstgeschichte auch sein eigener Museumsdirektor sein solle, um die passenden Übungen vor Originalen abhalten zu können. Im 20. Jahrhundert sei Hermann Fillitz der einzige gewesen, dem dies gelungen sei. Diese erfolgreiche Karriere habe sich schon bald abgezeichnet, da der Kunsthistoriker sein Studium mit Doktorat von 1945-47 und damit wohl in der kürzest möglichen Zeit absolviert hat. Auch die fachliche Ausrichtung sei durch das „Schmalspurstudium“ fast ausschließlich byzantinischer und mittelalterlicher Kunstgeschichte beim zunächst einzigen Professor Waldimir Sas-Zaloziecki vorgezeichnet gewesen. Zum Beweis und zur Erinnerung bekam der Jubilar eine Kopie seines Studienaktes überreicht. Univ.-Prof. Michael Viktor Schwarz, der Vorsitzende der Kunsthistorischen Gesellschaft, verglich die Doppelfunktion in Universität und Museum mit Standbein und Spielbein einer antiken Figur, wobei Fillitz aber eher in mittelalterlicher Weise mit beiden Beinen fest am Boden gestanden sei.

Prof. Dr. Martina Pippal, die 17 Jahre Mitarbeiterin von Prof. Fillitz gewesen ist, gestand, dass sie schon als junge Studentin von der Aura ihres Lehrers so beeindruckt war, dass sie unbedingt mit ihm arbeiten wollte. Sie führte diese Aussstrahlung auf die dem Wiener Ordinariat vorangehenden Erfahrungen in Rom und in der Schweiz zurück. In der Tat zeigte sich der Jubilar, der Berufungen nach Berlin und ans Metropolitan Museum zugunsten von Basel abgelehnt hatte, noch immer von der geringen Bürokratie beeindruckt: so hätten die Berufungs- verhandlungen in der Schweiz eine Stunde, in Österreich zwei Jahre gedauert! Natürlich genoss er auch das reiche Umfeld: Pharmakonzernerbinnen wie Maja Hoffmann-Sacher, die den Studierenden Auslandsexkursionen und der Stadt das Schaulager finanzierte, Kunsthistoriker wie der in Wien als „Nobelassistent“ bekannte Hans R. Hahnloser, der u.a. Gemälde von Paul Cézanne und Vincent Van Gogh sein eigen nannte, sowie Sammler wie Robert von Hirsch, der von Dürer über Rembrandt bis Matisse alles besaß, was gut und teuer war.

Nach diesen Rückblick auf das Schöne und die Reichen in Basel, ging es zurück an den Start: die am 4. Mai 1945 eröffnete Universität, bei der die Studierenden unter der Leitung des späteren Ordinarius für Judaistik, Kurt Schubert, den Schutt aus der zerbombten Universität räumten. Fillitz wollte eigentlich Architektur bei Clemens Holzmeister studieren. Da es aber damals noch kein Doppelstudium gab, blieb er am Institut für Kunstgeschichte hängen, wo es damals familiäre 10 Studierende gab. Neben Prof. Wladimir Sas-Zaloziecki unterrichteten vorübergehend noch der später „entnazifierte“ Bruno Grimschitz, der laut Fillitz mit seiner politischen Gesinnung nicht hinter dem Berg hielt, sowie Fritz Novotny. Der spätere MAK-Direktor Wilhelm Mrazek war Assistent und die spätere Ordinaria Renate Wagner-Rieger Bibliothekarin. Beim ersten Geschichts- forschungskurs befand sich Fillitz ebenfalls in illustrer Gesellschaft: der spätere Wiener Stadtrat Jörg Mauthe, die Doyenne der Zeitgeschichte, Erika Weinzierl, der Vater des heutigen Salzburger Rektors, der ebenfalls in der Schweiz tätige, Heinrich Schmiedinger und Dora Bruck-Heinz waren seinen KollegInnen. Über den Historiker Alfons Lohtsky, den er als seinen wichtigsten Lehrer bezeichnete, kam Herrmann Fillitz nicht nur zum Dissertationsthema über die zunächst noch im Tresor der Nationalbank befindliche und unter amerikanischer Bewachung stehende Reichskrone, sondern gleich danach auch zu einem Volontariat in die Schatzkammer. Auch dort musste zuerst baulicher und politischer Schutt weggeräumt werden, bevor 1952 die geistliche und 1954 die weltliche Schatzkammer eröffnet werden konnten. Im Jahre 1951 kamen die Rudolfskrone und ihr Schatzkämmerer in abenteuerlicher Weise beim Film „1. April 2000“ von Ernst Marboe zum Einsatz. Als Hermann Fillitz 1964 von einer Ministerialrätin erfuhr, dass er frühestens mit 63 Jahren einen Karrieresprung machen könnte, übernahm er die Leitung des Kulturinstitutes in Rom, das jedoch damals mangels wissenschaftlicher Qualifikation bei den zahlreichen Forschungsinstituten schlecht angesehen war. Auch dort wurde der Kunsthistoriker gleich aktiv und organisierte u.a. für Kardinal König ein Konzert der Wiener Sängerknaben vor Papst Paul VI. und der aus Amerika heimgekehrten Pietà im Petersdom.

Abschließend kam Martina Pippal auf die ihrer Meinung nach wichtigsten Erfolge der „unwienerischen Aktivität“ des Jubilars zu sprechen, wobei dieser auch Misserfolge eingestand und Anekdoten beisteuerte: 1. Die Gründung der Ludwigstiftung und damit die Renovatio des Museums Moderner Kunst. Das „Museumsquartier“ entsprang ebenfalls einem Anstoss von Hermann Fillitz und Wissenschaftsministerin Dr. Herta Firnberg, die 1988 vom Auszug der MesseAG erfahren hatten. Dass seine Museumsplanung – eine vergrößerte Antikensammlung und ein Weltmuseum (Völkerkunde mit Prähistorie des NHM und Volkskunde) für dieses Areal sowie ein Museum Moderner Kunst auf der Donauplatte – gescheitert sei, bedauert er noch heute. 2. Die Modernisierung des Kunsthistorischen Museums im Gefolge der gegen den Widerstand des Bautenministers Robert Graf und mit Hilfe des Wissenschaftsministers Hans Tuppy sowie der Kollegen Oberhuber (Albertina) und Noever (MAK) bei Bundeskanzler Franz Vranitzky erkämpften „Museums- milliarde“; so habe es im KHM bis zu seiner Direktion Öffnungszeiten wie zu Kaisers Zeiten und weder einen Besucheraufzug noch ein Kaffee gegeben. Leider sei die Einrichtung der Ägyptischen Sammlung durch Hans Hollein am Widerstand im Haus gescheitert. 3. Die – zuvor an der Antipathie der Akademiemitglieder Hans Sedlmayr und Otto Pächt, wegen der nationalsozialistischen Gesinnung des Ersteren gescheiterten - Einrichtung einer Kommission für Kunstgeschichte an der Akademie der Wissenschaften und die von dieser herausgegebenen Reihe „Geschichte der bildenden Kunst in Österreich“. Diese und viele weitere Informationen wird der altersmilde Emeritus in seiner Autobiographie zu Papier bringen. Er arbeitet aber auch noch an einer Neuauflage des Elfenbein- Corpuswerkes von Adolph Goldschmidt. Und in der nostalgischen Erinnerung der Moderatorin verklärten sich selbst der berüchtigt bisswütige Hund des Professors sowie das als ebenso cholerisch bekannte Temperament seines Herrl zu einer familiären Atmosphäre.... Im Herbst des Jahres war Hermann Fillitz auch Gast der Radiosendung "Menschenbilder".

Friedrich Polleroß   Fotos: René Steyer