Kunst & Wissenschaft.

Kindheitserinnerungen und Ausstellung von Martina Pippal

Die Verbindung von Wissenschaft und Kunst scheint zu einem Leitthema des aktuellen Kunstdiskurses geworden zu sein. So ist die Akademie der Bildenden Künste in Wien neuerdings bestrebt, ihren Studenten nicht nur grundlegende Kompetenzen in künstlerischen, sondern auch in wissenschaftlichen Techniken zu vermitteln, und in Mainz wurden 2006 die Musik- sowie Kunstakademie wieder in die Universität integriert.
An unserem Institut wird dieser Trend vor allem von Prof. Martina Pippal verkörpert, die neben ihrer traditionellen kunsthistorischen Arbeit  auch künstlerisch tätig ist und sich daher mit besonderem Engagement der intellektuellen Auseinandersetzung mit diesen beiden Lebenswelten widmet.
Wie es dazu kommen konnte, hat sie nun in einem kleinen Büchlein beschrieben. Martina Pippal wuchs nämlich in einem kreativ-anregenden Elternhaus auf, da die Mutter Architektin und der Vater Maler war. Diese Atmosphäre vergleicht die Autorin mit dem Leben im Zirkus. Hans Robert Pippal hat seine Tochter auch immer wieder porträtiert, und diese Bildnisse bilden den roten Faden der Erinnerungen. Ein 1970 entstandenes Porträt von Martina Pippal erschien vor kurzem sogar auf einer österreichischen Briefmarke in einer Auflage von 500.000 Stück.
In einer am 6. April eröffneten Ausstellung verbindet die Kunsthistorikerin unter dem Titel „CHIASMA. mixed media/fotografie“ nun nicht nur verschiedene Medien, sondern auch inhaltlich den Diskurs von Rationalität und Sinnlichkeit. Die eigens für das Waldviertler Stift Altenburg geschaffene Werkgruppe spricht ein aktuelles, in Fachkreisen wie von der breiten Öffentlichkeit diskutiertes Thema an: die (Un-)vereinbarkeit des Glaubens an einen Schöpfergott mit wissenschaftlichen Erkenntnissen. Das griechische Wort χίασμα (Chiasma), das Kreuzung bedeutet, bildet den Titel der Ausstellung, weil die präsentierten Werke das Thema „Kreuzung“ mehrfach ansprechen. Die Arbeiten adressieren Verschränkungen, die unsere Lebenskonzepte vollziehen, dabei aber kurioser Weise meist unbewusst bleiben. Dazu zählt beispielsweise die landläufige gleichzeitige Akzeptanz zweier Weltbilder, die einander streng genommen ausschließen, nämlich jenes, das uns die Naturwissenschaften vor Augen stellen, und desjenigen, das vom Glauben geprägt ist oder zumindest Reminiszenzen von Religiosität beinhaltet. Die Ausstellung ist bis 1. November 2008 in der Orangerie des Stiftes Altenburg zu sehen.

Friedrich Polleroß