Studierende & Gespräche

Die „Kulturpolitik“ unseres Institutes wurde immer wieder von besonders engagierten Studierenden geprägt, die neben dem Studium bzw. einer Tätigkeit in der Standes- vertretung auch organisatorische Initiativen am Institut für Kunstgeschichte setzten, die das traditionelle Lehrangebot um aktuelle Themen erweiterten. So veranstalteten etwa der heute freischaffende Kunsthistoriker Otmar Rychlik, der jetzige Verleger Dieter Bandhauer und der Philosophieprofessor Robert Pfaller als Studenten in den 1980er Jahren noch im Neuen Institutsgebäude Ausstellungen zeitgenössischer Kunst, darunter eine Schau der ebenfalls Kunstgeschichte studierenden Fotografin Karin Mack. Martin Janda startete seine Karriere als Galerist gleichfalls am Institut – gemeinsam mit dem jetzigen Universitätsprofessor und Ausstellungskurator Matthias Boeckl. Der Philosoph Boris Manner organisierte hingegen mit dem inzwischen durch seinen Film über das KHM allgemein bekannten Filmemacher Johannes Holzhausen und der stellvertretenden Leiterin des Filmmuseums Andrea Weich-Glawogger Vorträge zu kunsttheoretischen Themen, die in den Vorlesungen zu kurz kamen. Überblickt man die weiteren Karrieren dieser engagierten Studierenden, so fällt auf, dass sie einerseits vielfach auch später beruflich selbständig tätig wurden und besonders in den Bereichen von Fotografie und Film arbeiten, die im älteren Studienplan noch kaum eine Rolle spielten.

2006 fand die erste Österreichische Studierendentagung am Institut statt, und erst zu seinem 75. Jubiläum wurde der Kunsthistorische Studierendenkongress (KSK) erstmals in Österreich abgehalten. Im Dezember 2008 trafen am Wiener Institut Studierende aus dem gesamten deutschen Sprachraum zusammen, um sich anhand von wissenschaftlichen Vorträgen und Diskus- sionsrunden mit kunstgeschichtlichen Fragestellungen zum Thema „barrierefrei“ auseinander zu setzen. Vier Jahre später wurde die 83. Veranstaltung unter Federführung von Barbara Praher, Petra Schönfelder und Simon Hemetsberger neuerlich in Wien durchgeführt und widmete sich dem Thema „Fleisch. Material, Objekt, Denkfigur“.

Dazwischen, nämlich 2010, und angeregt von den KSK starteten Stefan Albl, Stefanie Dufhues, Verena Häusler, Gabriel Hubmann, D. Kolb, Stefanie Kitzberger und Beate Lex ein weiteres Projekt in Wien, nämlich die „Studierendengespräche“. In diesem Rahmen sollte Studierenden ebenfalls die Möglichkeit gegeben werden, ihre eigenen Forschungsergebnisse in Form von Vorträgen öffentlich zur Diskussion zu stellen. „Einerseits bestand der Wunsch, für Studierende am Institut eine Erweiterung zum Besuch von themenspezifischen Lehrveranstaltungen zu schaffen. Andererseits sollte mit den 'Studierendengesprächen' ein Präsentations- und Diskussionsraum geschaffen werden, der sich jenseits von Prüfungssituationen eröffnet. Dementsprechend versteht sich die Veranstaltungsreihe als erweiterte Plattform für sozialen Austausch und wissenschaftlichen Diskurs, insbesondere angesichts rezenter struktureller Entwicklungen an den Universitäten, die beide Komponenten tendenziell einzuschränken drohen.“ Im Wintersemester 2011 wurde mit dem Programmpunkt „Hinter den Kulissen“ das klassische Vortragsschema aufgebrochen, um weitere Diskursformen wie Ausstellungsbesuche anzubieten und damit die Möglichkeit, einen Blick auf die internen Mechanismen musealer Institutionen wie MAK, KHM oder Mumok zu werfen. Im Laufe der Semester festigte sich der Wunsch, die Vorträge einem größeren Publikum zugänglich zu machen. So wurde eine Online-Publikation ins Leben gerufen, die ausgewählte Beitrage aus den ersten drei Semestern versammelt. “Den Vortragenden wird damit auch die Gelegenheit geboten, bereits zu einem frühen Zeitpunkt wissenschaftliche Texte zu veröffentlichen.“  Die Beiträge sind auf der Homepage der Veranstaltungen unter „Publikation“ zugänglich.

Mit der Veranstaltung „Wohnen in Wien" wurde das Projekt im Juni 2014 offiziell abgeschlossen. In einer Kombination aus Abendvortrag und Tagesexkursion wurde die Frage erörtert, wie sich Vorstellungen vom Wohnen in Wien über die Zeit hinweg gewandelt und in verschiedenen architektonischen Konzepten sowie Bauten niedergeschlagen haben. Im Anschluss an die Präsentation der Online-Publikation Studierendengespräche II hielt Andreas Nierhaus vom Wien Museum einen Impulsvortrag zum Thema „Wien/Wohnen. Anmerkungen zu einem Forschungsgebiet der Kunstgeschichte“, der sich um medial vermittelte Vorstellungen vom Wohnen im Kontext der Wiener Werkbundsiedlung als Bauausstellung drehte, aber auch gegenwärtige Desiderata der Wohnbauforschung aufzeigte. Am nächsten Tag führten Stefan Weber, Martina Stöttinger und Andreas Zeese durch die Baukomplexe Wohnpark Alt-Erlaa, Werkbundsiedlung bzw. Karl-Marx-Hof.

Im Zentrum der Initiative „Studierendengespräche“ stand die Absicht, „Experimentierfelder für sozialen Austausch und wissenschaftlichen Diskurs als Erweiterung zum universitären Betrieb zu schaffen“. In diesem Sinne kann man nur wünschen, dass sich auch in Zukunft engagierte Studierende finden werden, die solche Projekte in ähnlichen oder anderen Formen und Konzepten planen und realisieren werden.

F. Polleroß   Fotos: F. Polleroß, Studierendengespräche